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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0116
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Wahrheit als Mitteilbarkeit

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würden. Es hört durch die Loslösung des denkenden Bewußtseins vom Sein auch die
Verantwortung auf für das Sein, das als lebendiges Dasein und als Geist ist. Das leere
Spiel des auflösenden Intellektualismus - faktisch gelenkt von psychologisch erkenn-
baren Triebhaftigkeiten - beginnt.
3. Die Verabsolutierung des Geistes ist eine durch den Reichtum bloß verstandener
Gehalte gesteigerte Weise der Isolierung des Denkens. In der Selbstgenügsamkeit
wird eine ausgehöhlte Bildungswelt169 unter zufälligen, günstigen Daseinsbedingun-
gen verwirklicht, - als Gegenstand des Genusses, des wirklichkeitslosen Sehnens, als ♦
ein Raum der Zuflucht und der Negativität. -
Das Ungenügen an der Mitteilung des Wahren in den bis jetzt erörterten Weisen des
Umgreifenden könnte an dieser Isolierung der einzelnen Weisen liegen. Auf diesem
Standpunkt würde die wahre Kommunikation schon mit folgenden Forderungen ge-
troffen: Keine der Weisen darf übergangen werden; sie gegeneinander auszuspielen,
würde den Grund ihres Zusammengehörens verfehlen; für wahre Kommunikation
kommt es darauf an, die Grenzen jeder Stufe und damit ihre Unvollendbarkeit in sich
selbst wahrzunehmen, sich nicht durch die Fixierung auf einer der Stufen täuschen zu
lassen über die Möglichkeit der durch alle hindurchgreifenden Kommunikation.
Die Verbindung der Weisen des Umgreifenden ist hier dergestalt, daß in der auf-
steigenden Reihe jeweils die folgende nur unter der Bedingung der vorhergehenden
wirklich sein kann, der isolierende Abschluß der vorhergehenden gegen die folgende
einen jeweils spezifischen Kommunikationsabbruch bedeutet.
| Daher gilt für Kommunikation eine zweifache formale Forderung: 84
Die niedere Stufe ist in ihrer Auswirkung zu begrenzen dadurch, daß sie unter die
Bedingung der Möglichkeit der höheren gestellt wird, so die Daseinskommunikation
unter die Bedingung des Gültigbleibens einsehbarer Wahrheit und der Idee des Geistes.
Die höhere Stufe ist nicht für sich isoliert zu verwirklichen, sondern unter den Vor-
aussetzungen der niederen, die sie begrenzt und durchbricht, und die sie zugleich fest-
zuhalten hat; so darf Wissenwollen seine Verwirklichung als Wissenschaft in der Ge-
meinschaft des menschlichen Daseins, der Geist seine restlose Daseinsabhängigkeit
nicht vergessen, ohne selbst alsbald zu verschwinden.
Die höheren Stufen werden von den niederen in ihrer Auswirkung ermöglicht und
vielleicht getrübt, die niederen dagegen von den höheren in jeweils begrenzter Weise
gelenkt.
Aber die höheren Stufen sind die im Dasein schwächeren. Denn die niederen kön-
nen für sich ohne die höheren fortbestehen, wenn auch ohne eigentliche Wahrheit,
so doch als Dasein. Daraus folgt zweierlei:
Es ist erstens gleichsam Schuld am Dasein, wenn ich den eindeutig gestalteten For-
derungen höherer Stufen des Umgreifenden ohne Bezug auf das Dasein blind vertraue,
und sie damit am übermächtigen Dasein selbst zugrunde gehen lasse. So stellt z.B. Max
 
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