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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0163
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i6o

Grundsätze des Philosophierens

Zwar ist das Wissen um das Sein als Ausgelegtsein durch Objektwerden für die Philo-
sophie uralte Einsicht, doch nur im allgemeinen; im besonderen aber ist diese Einsicht
eine immer neue Vergewisserung des jeweiligen Wissenssinns und manchmal eine Re-
volution innerhalb der einzelnen Wissenschaften. Diese Revolution, heute in vielen
Wissenschaften vollzogen, brachte mit einer Erweiterung der tatsächlichen Erkennt-
nisse zugleich eine Befreiung des menschlichen Bewusstseins von der Absolutheit der
Objekte, sodass die altehrwürdige philosophische Einsicht jetzt in neuer Gestalt aus
den Wissenschaften entgegenkommt.
a. Das Umgreifende und die Objektivierung
Nennen wir das Sein selber das Umgreifende, so ist das Sein für uns, sofern wir wissen,
in der Subj ekt-Obj ekt-Spaltung. Das Sein, das wir erkennen, muss Gegenstand für uns
(Objekt) werden. Objektivierung ist die Voraussetzung der Erkennbarkeit.
Objektivierung ist interpretierbar als Geschehen vom Subjekt her. Das Subjekt
bringt das Objekt hervor, wenn nicht dem Dasein, so doch der Form nach. Die jeweils
specifische Objektivität liegt in der Subjektivität, und zwar ist sie als wahre die reine,
ungestörte, ihrem eigenen Gesetz folgende Subjektivität.
Diese Interpretation ist einseitig. Objektivierung ist zugleich Objektivierung des
an sich Seienden, das in der Spaltung zugleich subjektiviert und objektiviert wird.
Da das Umgreifende mehrfache Weisen hat, gibt es auch mehrfache Weisen der
Subjekt-Objekt-Spaltung. Das Umgreifende, das wir sind, lebt als Dasein in seiner Um-
welt, als Bewusstsein überhaupt Gegenständen gegenüber, als Geist in Ideen, als Exi-
stenz inbezug auf Transcendenz. - Als Bewusstsein überhaupt sind wir auch gerichtet
auf das Umgreifende, das, von uns unabhängig, selber Sein ist: auf das Umgreifende
des Weltseins, in dem nicht nur ich als ein Teil bin, sondern in dem mir fremdes Le-
ben und fremdes Bewusstsein und fremder Geist als an sich Umgreifendes vorkommt,
eingeschlossen in das Ganze der Welt, das wir Natur nennen; und auf das Umgreifende
als Transcendenz.
Die Objektivierung des Weltseins ist also nicht nur in der Subjekt-Objekt-Spaltung,
innerhalb derer ich erkenne, die gegenständliche Seite, sondern zugleich der Aspekt
eines anderen Umgreifenden, auf das ich als Bewusstsein überhaupt in dessen Subjekt-
Objekt-Spaltung treffe.
Das Objektivierte ist daher nie das ganze Sein und nie das Sein selber. Es ist erstens
in der Spaltung nur die in dieser auftretende Gegenständlichkeit, es ist zweitens die
von dem fremden Umgreifenden im Gegenständlichen des Bewusstseins überhaupt
erscheinende Seinsweise. Jede Objektivierung schliesst, weil keine das Sein selber hat,
ein Ungemässes in sich. Anders ausgedrückt: Jede Objektivierung lässt das Sein zum
Gegenstand für ein Erkennen werden unter notwendigem Verzicht auf die Wirklich-
keit des Seins selbst und jeweils auf andere Weisen seiner Objektivierung; der Gegen-
 
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