Grundsätze des Philosophierens
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Modell seien. Es hat sich gezeigt, dass keine dieser beiden Möglichkeiten zutrifft. Sie
sind derart existent, dass Wirkungen einzelner Atomindividuen sichtbar gemacht wer-
den können. Sie sind nicht existent, sofern sie je nach experimentellen Bedingungen
als Korpuskel und als Welle vorgestellt werden müssten, d.h. in ihren Modellen einen
Widerspruch einschliessen, der ihre anschauliche Existenz aufhebt.
1) Stufen des objektiven Daseins: Objektives Dasein haben die Dinge in Raum und
Zeit, wie sie sich bewegen, stossen, kurz der anschauliche Mechanismus. Die Dinge ha-
ben definierbare Eigenschaften, bezogen auf an sich Seiendes, das so ist. Der Beobach-
ter nimmt sie wahr, wie sie sind, schaltet die subjektiven Erscheinungsweisen aus, er-
kennt die Beobachtungsfehler und die Störungen durch Beobachtung, vermag sie zu
berechnen und ebenfalls auszuschalten.
Die Zusammenhänge naturwissenschaftlicher Erkenntnis sind durch Theorien ge-
wonnen, in denen ein Zugrundeliegendes anschaulich in Modellen gedacht wird nach
Analogie des im Raum von uns unmittelbar Wahrnehmbaren. Insbesondere waren es
die Atome, die die Elemente aller Materie bilden (etwas über 90 an Zahl), und die Mo-
leküle, welche aus der Zusammensetzung von Atomen gebildet sind und die vielen
Stoffe bilden (über eine Million hinaus). Die Stoffbildung aus Atomen war Gegenstand
der Chemie, das Verhalten der Stoffmassen Gegenstand der Physik. Alles war anschau-
lich vor Augen. Was auf diesem Wege objektivierend erkannt wurde, ist Bestand der
Wissenschaft. Heisenberg spricht von der »offenbar durch keine neuere Erfahrung zu
erschütternden Sicherheit und Abgeschlossenheit der klassischen Theorien, die über-
all dort galten, wohin ihr Begriffssystem reicht.«138
Diese Objektivierungen blieben aber nicht die letzten. Das Dinghafte, mit dem ich
in Raum und Zeit hantiere, das ich anschaulich vor mir habe, als es selber meine, wie
es unabhängig von mir da ist und geschieht, ist Gegenstand der Alltagspraxis und der
aus ihr erwachsenen klassischen Physik; es ist, wenn es für an sich seiend absolut ge-
setzt wird, Gegenstand eines naiven Realismus. Dies ist aber nur eine uns faktisch be-
herrschende Objektivierung, die die Naturwissenschaft durch eine ganz andere, neue
Objektivierung durchbrochen und erweitert hat: durch die Erkenntnis des unanschau-
lichen Grundes des Atomgeschehens. Heisenberg sagt: »Das Atom kann nicht mehr
ohne Vorbehalt als ein Ding im Raum, das sich in der Zeit in einer angebbaren Weise
verändert, objektiviert werden. Nur die Resultate einzelner Beobachtungen lassen sich
objektivieren, aber sie geben nie ein vollständiges anschauliches Bild. Daraus geht her-
vor, dass die Vorstellung von der Realität, die der Newton’schen Mechanik zugrunde
lag, zu eng war und durch etwas Weiteres ersetzt werden muss.«139
2) Der Gedanke der Complementarität: Der Gegenstand der Atomphysik soll »com-
plementär« gedacht werden (Bohr), als Welle und als KorpuskeL140 Er ist das eine und
auch das andere, aber derart, dass er nicht gleichzeitig im gleichen Experiment als bei-
des bestimmt werden kann. Und zwar liegt das nicht an bisherigen technischen Beob-
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Modell seien. Es hat sich gezeigt, dass keine dieser beiden Möglichkeiten zutrifft. Sie
sind derart existent, dass Wirkungen einzelner Atomindividuen sichtbar gemacht wer-
den können. Sie sind nicht existent, sofern sie je nach experimentellen Bedingungen
als Korpuskel und als Welle vorgestellt werden müssten, d.h. in ihren Modellen einen
Widerspruch einschliessen, der ihre anschauliche Existenz aufhebt.
1) Stufen des objektiven Daseins: Objektives Dasein haben die Dinge in Raum und
Zeit, wie sie sich bewegen, stossen, kurz der anschauliche Mechanismus. Die Dinge ha-
ben definierbare Eigenschaften, bezogen auf an sich Seiendes, das so ist. Der Beobach-
ter nimmt sie wahr, wie sie sind, schaltet die subjektiven Erscheinungsweisen aus, er-
kennt die Beobachtungsfehler und die Störungen durch Beobachtung, vermag sie zu
berechnen und ebenfalls auszuschalten.
Die Zusammenhänge naturwissenschaftlicher Erkenntnis sind durch Theorien ge-
wonnen, in denen ein Zugrundeliegendes anschaulich in Modellen gedacht wird nach
Analogie des im Raum von uns unmittelbar Wahrnehmbaren. Insbesondere waren es
die Atome, die die Elemente aller Materie bilden (etwas über 90 an Zahl), und die Mo-
leküle, welche aus der Zusammensetzung von Atomen gebildet sind und die vielen
Stoffe bilden (über eine Million hinaus). Die Stoffbildung aus Atomen war Gegenstand
der Chemie, das Verhalten der Stoffmassen Gegenstand der Physik. Alles war anschau-
lich vor Augen. Was auf diesem Wege objektivierend erkannt wurde, ist Bestand der
Wissenschaft. Heisenberg spricht von der »offenbar durch keine neuere Erfahrung zu
erschütternden Sicherheit und Abgeschlossenheit der klassischen Theorien, die über-
all dort galten, wohin ihr Begriffssystem reicht.«138
Diese Objektivierungen blieben aber nicht die letzten. Das Dinghafte, mit dem ich
in Raum und Zeit hantiere, das ich anschaulich vor mir habe, als es selber meine, wie
es unabhängig von mir da ist und geschieht, ist Gegenstand der Alltagspraxis und der
aus ihr erwachsenen klassischen Physik; es ist, wenn es für an sich seiend absolut ge-
setzt wird, Gegenstand eines naiven Realismus. Dies ist aber nur eine uns faktisch be-
herrschende Objektivierung, die die Naturwissenschaft durch eine ganz andere, neue
Objektivierung durchbrochen und erweitert hat: durch die Erkenntnis des unanschau-
lichen Grundes des Atomgeschehens. Heisenberg sagt: »Das Atom kann nicht mehr
ohne Vorbehalt als ein Ding im Raum, das sich in der Zeit in einer angebbaren Weise
verändert, objektiviert werden. Nur die Resultate einzelner Beobachtungen lassen sich
objektivieren, aber sie geben nie ein vollständiges anschauliches Bild. Daraus geht her-
vor, dass die Vorstellung von der Realität, die der Newton’schen Mechanik zugrunde
lag, zu eng war und durch etwas Weiteres ersetzt werden muss.«139
2) Der Gedanke der Complementarität: Der Gegenstand der Atomphysik soll »com-
plementär« gedacht werden (Bohr), als Welle und als KorpuskeL140 Er ist das eine und
auch das andere, aber derart, dass er nicht gleichzeitig im gleichen Experiment als bei-
des bestimmt werden kann. Und zwar liegt das nicht an bisherigen technischen Beob-