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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0167
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164 Grundsätze des Philosophierens
achtungsmängeln, sondern in der Natur der Sache. Unter bestimmten Bedingungen
ist eine Welle da, unter anderen bestimmten Bedingungen ein Korpuskel.
3) Die Beobachtung als Faktor der Objektivierung: Da der Gegenstand der Atomphy-
sik sich je nach Wahl der experimentellen Beobachtung nur nach seiner einen Seite
zeigt, bleibt jeweils die andere dann unbestimmt. Aber die Beobachtung bewirkt nicht
eine Störung, die sich berechnen und durch Rechnung aus dem Ergebnis ausschalten
lässt (wie bei Beobachtungen im Sinne der klassischen Physik), sondern es liegt in der
Natur der Sache, dass sie für die Beobachtung jeweils so ist, dass die complementäre
Seite unfassbar wird, nicht nur nicht bestimmbar, sondern unbestimmt ist.
Heisenberg spricht von der Weise, wie hier »die Natur Platz schafft für Zusammen-
hänge ganz anderer Art, indem sie durch die mit jeder Beobachtung notwendig ver-
bundene Störung das vollständige Bild des Atoms unserem Zugriff entzieht.«141 Das
hier vom Forscher beschrittene Feld hat eine neue Weise der Objektivierung in der
Physik hervorgebracht. Die Charakteristik der jeweiligen Beobachtungsbeschränkung
als »Störung« trifft jedoch den Tatbestand nur durch ein Gleichnis. Denn es handelt
sich nicht um Störungen von der Art, wie man sie sonst bei Beobachtungen findet.
Daher scheinen die Vergleiche der Abhängigkeit des physikalisch Seienden von der
Beobachtung mit Beobachtungsstörungen, wie man sie sonst kennt, eher irreführend.
Man vergleicht sie z.B. mit den Störungen durch Selbstbeobachtung: der Denkakt oder
Willensakt wird durch psychologische Beobachtung entweder nicht getroffen oder ge-
stört und gar aufgehoben, wenn nämlich der Akt gleichzeitig vollzogen werden und
im Lichte der Reflexion stehen soll. Aber hier wird in der Tat auch im günstigsten Falle
garnicht beobachtet, wovon gesprochen wird, der Denkakt, sondern erlebte Begleiter-
scheinungen desselben; ferner ist, was man hier Beobachtung nennt, vielmehr eine
specifische Art von Tatbeständen, die man Reflexion nennt. Sie kommen nur im Seelen-
leben vor, gehören allein zum bewussten Seelenleben, sind häufig störend für ein in-
stinktsicheres, unbewusstes vitales Geschehen, aber auch Quelle geistiger Entwicklun-
gen und Steigerungen. Selbstbeobachtung - in ihrer ausserordentlichen Mannigfaltigkeit
von Möglichkeiten - steht nicht in der Alternative zweier Beobachtungen, die beide Ver-
schiedenes3 zeigen und sich gegenseitig ausschliessen. - Weiter verglich man mit den
Störungen des Lebensvorgangs durch dessen Beobachtung: der Biologe kann gewisse
Phaenomene nur beobachten, wenn er das Leben einschränkt oder tötet; indem er et-
was feststellt, hört das Leben auf; die Biologie ist insoweit eine Biologie der Leiche; oder
er beobachtet das Leben selber in seinem Verhalten, dann entgehen ihm chemisch-
physikalische Vorgänge. Diese Alternative gilt zunächst nicht absolut; es sind auch
chemisch-physikalische Tatbestände im Lebendigen zu erheben. Aber auch wenn die
Alternative bestände, so würde der Vergleich mit der atomphysikalischen Forschung

Verschiedenes nach der Abschrift A. F. statt verschiedenes im Ms.
 
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