Grundsätze des Philosophierens
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kämpft, so muss der Mensch in Gemeinschaft und Gegenseitigkeit hervorbringen, was
als Zustand des Ganzen ihm die grössten Möglichkeiten bringt. Der politische Gedanke
wird das Maximum der günstigen Bedingungen für die bewusste Willensbildung in der
Communication aller suchen. Nichts Gradliniges, Endgültiges, Mechanisches, keine
blosse Gewalt kann dem Menschen seinen Raum verschaffen. Der Gedanke und die Pra-
xis suchen die Kontrollen, das Gemischte in den Verfassungen, das in Bewegung stets
neu zu Erringende. Die Folge solcher Auffassung sind die faktischen Ordnungen als
ständig erneute und wieder scheiternde Versuche, zur Ermöglichung des Guten im Da-
sein des Bösen Herr zu werden, das doch nicht zu vernichten ist.
Bei der Frage nun, worauf das Handeln zu gründen sei, auf die Voraussetzung des
Gutseins oder des Böseseins des Menschen, gilt im Politischen eine Einschränkung.
Während in aller Communication von Mensch zu Mensch nur im Wagnis des Vertrau-
ens Verwirklichung gelingt, ist in Staat und Gesellschaft, in dem Entwurf der Gesetze
das Misstrauen eine notwendige Voraussetzung. Im Politischen ist die ständige reale
Schranke, dass mit dem Bösen in jedem Augenblick positiv gerechnet werden muss.
Niemals gelingt die bewusste Zügelung grösserer Menschenmassen, ohne den bestia-
lischen Grundlagen Raum zu geben und sie zu berücksichtigen. Staatseinrichtungen
und Gesetze müssen unter der Voraussetzung stehen, dass die Menschen böse sind und
Böses von ihnen zu erwarten ist.
Macchiavelli sagt in diesem Sinne: »Der Ordner eines Staatswesens und der Gesetz-
geber muss davon ausgehen, dass alle Menschen böse sind und stets ihrer bösen Ge-
mütsart folgen, sobald sie Gelegenheit dazu haben.« ... »Die Menschen tun nur aus
Not etwas Gutes. Sobald ihnen aber freie Wahl bleibt und sie tun können, was sie wol-
len, gerät alles drunter und drüber.«... »Wo etwas von selbst gut geht, sind Gesetze un-
nötig« (Disc. I, 3).262
Man braucht, was Macchiavelli sagt, nicht als endgültige Wahrheit über das Wesen
des Menschen zu nehmen. Aber wo es sich um Staat und Gesetze handelt, kommt je-
denfalls eine Seite des Menschen zur Geltung, die den Staat notwendig macht. Dass es
Staat und Macht gibt[,] ist dasselbe wie die Aussage, dass der Mensch böse sei. Dass er
es ist, begründet die Notwendigkeit des Staats. Wer den Menschen für gut hält, muss
unbeschadet dessen, dass dies wahr sein kann, in seinem Urteil über Staat und Gesetze
so denken, als ob die Menschen böse wären. Sind sie es nicht, werden Staat und Ge-
setze überflüssig.
Der grosse Zug der Politik kommt aus dem Willen, dem Guten Raum zu schaffen.
Dass dieses nicht geradezu geschehen kann, sondern nur unter ständigem Umgehen
mit den Realitäten, die die Fessel des Bösen sind, macht den eigenen herben Charak-
ter des politischen Tuns aus. Aber nicht die Bekämpfung des Bösen ist das letzte Ziel,
sondern der Daseinsraum alles Guten. Wie das Bild dessen wird, was der Mensch sei
und sein könne, ist Kennzeichen und Bedingung der Höhe politischen Gestaltens.
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kämpft, so muss der Mensch in Gemeinschaft und Gegenseitigkeit hervorbringen, was
als Zustand des Ganzen ihm die grössten Möglichkeiten bringt. Der politische Gedanke
wird das Maximum der günstigen Bedingungen für die bewusste Willensbildung in der
Communication aller suchen. Nichts Gradliniges, Endgültiges, Mechanisches, keine
blosse Gewalt kann dem Menschen seinen Raum verschaffen. Der Gedanke und die Pra-
xis suchen die Kontrollen, das Gemischte in den Verfassungen, das in Bewegung stets
neu zu Erringende. Die Folge solcher Auffassung sind die faktischen Ordnungen als
ständig erneute und wieder scheiternde Versuche, zur Ermöglichung des Guten im Da-
sein des Bösen Herr zu werden, das doch nicht zu vernichten ist.
Bei der Frage nun, worauf das Handeln zu gründen sei, auf die Voraussetzung des
Gutseins oder des Böseseins des Menschen, gilt im Politischen eine Einschränkung.
Während in aller Communication von Mensch zu Mensch nur im Wagnis des Vertrau-
ens Verwirklichung gelingt, ist in Staat und Gesellschaft, in dem Entwurf der Gesetze
das Misstrauen eine notwendige Voraussetzung. Im Politischen ist die ständige reale
Schranke, dass mit dem Bösen in jedem Augenblick positiv gerechnet werden muss.
Niemals gelingt die bewusste Zügelung grösserer Menschenmassen, ohne den bestia-
lischen Grundlagen Raum zu geben und sie zu berücksichtigen. Staatseinrichtungen
und Gesetze müssen unter der Voraussetzung stehen, dass die Menschen böse sind und
Böses von ihnen zu erwarten ist.
Macchiavelli sagt in diesem Sinne: »Der Ordner eines Staatswesens und der Gesetz-
geber muss davon ausgehen, dass alle Menschen böse sind und stets ihrer bösen Ge-
mütsart folgen, sobald sie Gelegenheit dazu haben.« ... »Die Menschen tun nur aus
Not etwas Gutes. Sobald ihnen aber freie Wahl bleibt und sie tun können, was sie wol-
len, gerät alles drunter und drüber.«... »Wo etwas von selbst gut geht, sind Gesetze un-
nötig« (Disc. I, 3).262
Man braucht, was Macchiavelli sagt, nicht als endgültige Wahrheit über das Wesen
des Menschen zu nehmen. Aber wo es sich um Staat und Gesetze handelt, kommt je-
denfalls eine Seite des Menschen zur Geltung, die den Staat notwendig macht. Dass es
Staat und Macht gibt[,] ist dasselbe wie die Aussage, dass der Mensch böse sei. Dass er
es ist, begründet die Notwendigkeit des Staats. Wer den Menschen für gut hält, muss
unbeschadet dessen, dass dies wahr sein kann, in seinem Urteil über Staat und Gesetze
so denken, als ob die Menschen böse wären. Sind sie es nicht, werden Staat und Ge-
setze überflüssig.
Der grosse Zug der Politik kommt aus dem Willen, dem Guten Raum zu schaffen.
Dass dieses nicht geradezu geschehen kann, sondern nur unter ständigem Umgehen
mit den Realitäten, die die Fessel des Bösen sind, macht den eigenen herben Charak-
ter des politischen Tuns aus. Aber nicht die Bekämpfung des Bösen ist das letzte Ziel,
sondern der Daseinsraum alles Guten. Wie das Bild dessen wird, was der Mensch sei
und sein könne, ist Kennzeichen und Bedingung der Höhe politischen Gestaltens.