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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0379
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376 Grundsätze des Philosophierens
und getan haben und tun, wird also zum Gegenstand der Erkenntnis, was bis dahin
ohne Erkenntnis geschah, dann wird unser Tun zwar in der Kraft der durch ihre Ein-
deutigkeit beschränkten Instinkte geschwächt, aber durch die Weite des nunmehr Be-
merkbaren zugleich anpassungsfähig auch an katastrophale Situationsveränderungen,
gesichert gegen zufällige Störungen, gestärkt durch die Klarheit der Wege, gesteigert
zur Verantwortung. Dies aber geschieht nur durch Gründung auf Ideen und auf Auto-
rität. Ohne diese beiden kann der Verstand allein durch sich im Gang der menschli-
chen Dinge nichts hervorbringen, sondern nur zerstören.
Das Bewusstwerden der Idee geschieht im Medium des Verstandes und seiner
Zwecke durch diese selber. Die Idee ist der unendliche Process des Hellwerdens unse-
rer Aktivität im Ganzen. Sie ist die Freiheit des Geistes, die sich verwirklicht. Sie ist all-
gemein für alle giltig, aber nicht allgegenwärtig wirksam, sondern oft bis zur Verbor-
genheit unfühlbar geworden. Sie ist als ein je Ganzes ohne andere Gegenständlichkeit
als die vorübergehenden Schemata, durch die siea im Verstände ihren Weg sucht. Sie
weitet und ordnet, gestaltet und baut. Und sie scheitert in der Welt.
Wiederum anders ist das Bewusstwerden der Autorität. Autorität wird nicht hell
wie die Idee, sondern bindet durch ein Unbegriffenes. Das Bewusstsein der Autorität
hat den Grundcharakter, statt diese begreiflich zu machen vielmehr ihre Unbewusst-
heit durch das Bewusstsein zu steigern. Denn die Weise, wie Autorität bewusst wird,
ist nicht die Weise allgemeiner Erkenntnis. Während im allgemein Denkbaren die voll-
endete Durchsichtigkeit des Gegenstandes erreicht wird, bleibt in der gegenständlich
gewordenen Autorität Grund und Sinn undurchsichtig. Im Objektiven der Autorität
ist das Wesentliche unbewusst. Die Wahrheit des autoritativ Objektiven zeigt sich in
der Fülle dieses durch sie erwachten Unbewussten. Was auch immer von der Autorität
allgemeingiltig gedacht wird, ist nicht sie selber. Sie ist anschaubar, aber nicht denk-
bar. Sie umgreift, wird aber nicht zureichend gegenständlich. Sie wird bewusst in Bild
und Anschauung. Dies Bewusstsein ergreift die Autorität, indem es vielmehr von ihr
ergriffen wird. Es öffnet sich der Autorität, ohne sie im Bewusstsein zu beherrschen.
Es bringt die Autorität nicht hervor, sondern findet sie. Ich bin von ihr ergriffen im
umgreifenden Gefühl. Sie bezwingt im Überfluten des gesamten Bewusstseins, dessen
Aufhellung nur die Wahrheit dieser lebengebenden Flut fühlbar macht. Im Entschei-
denden kommt der Autorität bleibend die Unbewusstheit zu.
Diese Unbewusstheit ist nicht eine psychologisch zu erkennende und psychago-
gisch zu behandelnde Realität. Sie ist nicht ein durch Bewusstsein zu lenkendes Mate-
rial. Auch der Gipfel des jeweils in führenden Menschen erreichten Bewusstseins ist
doch niemals Herr dieser Weise des Unbewussten, vielmehr selber ihm unterworfen.
Daher ist solch erfüllte und erfüllende Unbewusstheit nicht zu verwechseln mit der

durch die sie nach der Abschrift Gertrud Jaspers statt durch sie im Ms.
 
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