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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0424
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Grundsätze des Philosophierens

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düng schon fälschlich als eine solche zwischen guten und bösen Dämonen deuten,
dann aber sie selber wieder lähmen durch Anerkennen des Bösen im Tragischen, in
dem es verklärt zum Dämonischen als eigene Möglichkeit gefühlt und Gegenstand des
Mitleids wird, sodass ich,a indem ich im aesthetischen Spiel mit dem Bösenb selber tra-
gisch zugrunde gehe, mich gereinigt fühle. Es wird eine ständige Verwechslung des
Ethischen und Aesthetischen ermöglicht, die plötzlich wechselnde Wertungsweise,
die jetzt pathetischc auf gut und böse, dann aesthetisch auf Dämonisches geht. Immer
da, wo es im Augenblick ausweglos wird, ist es gestattet, vom Aesthetischen zum Ethi-
schen, vom Ethischen zum Aesthetischen überzuspringen. Das Ethische selber wird
im Grunde aesthetisch genommen, weil die Auffassung in Form des Aesthetischen
durch die Grundanschauung gebahnt ist. Der Mensch braucht nicht mehr einzuste-
hen, weil er für jede Lage die falsche Grossartigkeit aesthetischer Bilder bereit hat. Das
Leben bleibt Zerstreutheit im Vielen des Zufälligen.
6)d Dämonologie entwirft ein Zwischensein als absolut, das weder empirische Reali-
tät noch transcendente Wirklichkeit ist. Sie will die Realität ergreifen und verfehlt sie, in-
dem sie ein illusionäres Übersinnliches zu fassen meint. Sie will das Übersinnliche und
verfehlt es, indem sie es als ein Immanentes zu haben glaubt. Sie wendet sich nicht an
Gott, sondern an Mächte in der Welt. Gegen sie gilt die Forderung: Lieber in den empi-
risch aufzeigbaren Zusammenhängen der Realität bleiben, als dämonologischen Unwirk-
lichkeiten nachhängen! Denn alles, was nicht entweder Welt und als Realität nachweis-
bar ist oder Gott ist und als von Gott erfahren wird, ist Unwahrheit, ist Täuschung und
Illusion, gerade dann, wenn des Menschen Affektivität, Erbauungs- und Sensationsdrang6
rauschhaft hingerissen, leidenschaftlich ergriffen ist. Es gibt Gott und die Welt, nichts
dazwischen, keinen Mittler undf keine Zwischenwesen, etwa nach Analogie der Stufen
und Hierarchien in der Welt. Alle Realitäten können Sprache oder Boten Gottes sein
durch das, was sie als Chiffern sind, es gibt aber keine Götter äusser ihm, keine Dämonen.
Es kommt darauf an, wie ich den Finger Gottes an den Grenzen der Realität spüre. Was
sich dazwischen drängt, ist materialistischer Schwindel8 oder gottlose Phantasterei.
bb. Menschenvergötterung: Zur Menschenvergötterung gehört eine Haltung der
Seele, welche in der Welt die Instanz nicht entbehren kann, vor der absoluter Gehor-
sam nicht als Gehorsam gegen führende Menschen, Ämter, Institutionen, Gesetze,

a nach ich, im Vorlesungs-Ms. 1945/46Einf. angesichts der Tragischen Dichtung,
b nach Bösen im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Einf gleichsam
c pathetisch im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu in moralischer Pathetik
d 6) nach dem Vorlesungs-Ms. 1945/46 statt ff. in der Abschrift Gertrud Jaspers
e des Menschen Affektivität, Erbauungs- und Sensationsdrang im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu
unsere Affektivität, unser Erbauungs- und Sensationsdrang
f keinen Mittler und im Vorlesungs-Ms. 1945/46gestr.
g materialistischer Schwindel im Vorlesungs-Ms. 1945/46 Vdg. zu materialistische Torheit
 
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