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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0527
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524 Grundsätze des Philosophierens
Dieser Glaube wird jedoch von ihm nicht erfunden, sondern er gründet sich sei-
nerseits auf Autorität. Denn er erwächst aus der gesamten Überlieferung von der Ach-
senzeit her. Nichts soll vergessen werden. Die Klarheit des Ursprünglichen soll bleiben
oder wiederhergestellt werden. Die Bedingungen des heutigen Zeitalters sollen zur
Wirkung, daher die Wissenschaften restlos zur Geltung kommen. Die Wahrheit in ih-
rer Fraglichkeit und Bewegung soll keiner Bedingung und Einschränkung unterliegen.
Autorität ist nicht nur die in bestimmtem Gehorsam hinzunehmende Führung
durch eine Institution und ihre Vertreter, die Priester, sondern auch die in Ehrfurcht und
vertrauendem Hören aneignend hingenommene Führung durch die Geistigkeit der Ach-
senzeit. Von ihr gilt in Wahrheit: Einen anderen Grund kann niemand legen als der von
Anfang gelegt ist.459 Von hier kommt die umgreifende Atmosphäre als die Autorität ei-
ner schwebenden Führung, die sich einer für alle identischen Objektivität entzieht.
In dieser Autorität zu erwachen, ist Bedingung allen gehaltvollen Philosophierens.
Die Gefahr der Verwässerung dieser Autorität zu allgemeinen Abstraktionen, die für
den Verstand fasslich und für ein unverbindliches Gefühl erbaulich, in beiden Fällen
existentiell nichtig sind, wird überwunden durch den geschichtlichen Weg: Von der
Nähe zur eigenen Überlieferung in Familie, Heimat, Volk, verwurzelt in der eigenen
Vergangenheit, wird die Erweiterung und zugleich Vertiefung vollzogen über die um-
fassenden Welten des Abendlandes bis zur ganzen Menschheit, um am Ende in der
Achsenzeit bewusst den Angelpunkt von allem zu finden. Dann wird die geschichtli-
che Überlieferung, statt in einem System von Gedanken sich zu nivellieren, vielmehr
ein gehaltvolles Ganzes mit seinen Höhepunkten, seinen grossen Menschen und Wel-
ten, mit seinen klassischen Auslegungen und seiner vielfachen Gliederung in histori-
scher Entfaltung.
Die Philosophie, immer in Gestalt der Bemühung eines Einzelnen, sucht die Univer-
salität zu verwirklichen, die Offenheit zu bewahren, die Spiritualisierung alles Realen zu
vollziehen, das Einfache in der endlosen Vielfachheit des Wissens, Denkens, Wertens
herauszuheben, es zu koncentrieren und in seiner Unergründlichkeit zu erhellen.
Ob solches Bemühen einst zünden kann in der Erweckung ursprünglich religiöser
Menschen, ob die Vorarbeit der philosophischen Spiritualisierung - die nur für Ein-
zelne schon die Lebenserfüllung ist - durch Religionen genutzt und verwirklicht wird,
unterliegt keiner Absicht und keinem Plan. Aber wie Plato einst die christliche Theo-
logie ermöglicht hat, so liegt in allem ernsten Philosophieren eine Tendenz zur Hilfe
für die Institutionen, welche in ihrer Weltwirklichkeit von der Philosophie bejaht sind,
ohne dass die Philosophen3460 geradezu an ihr teilnehmen können. Aber Philosophie
soll in keiner Gedankenarbeit vorwegnehmen wollen, was nur im Ursprung des Reli-
giösen selber erwachsen kann.

statt Philosophen in den Abschriften Gertrud Jaspers, A. F. und Schott Philosophien
 
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