Grundsätze des Philosophierens
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stimmten Gesichtspunkt wird zugleich die gegenwärtige philosophische Wahrheit er-
hellt. Es ist historisch zu sehen:
1) Philosophie ist abhängig von den Wissenschaften und ihrer Entwicklung. Das
Wissen einer Zeit ist das Material des Philosophierens, lässt die Philosophie ihre Fra-
gen stellen, gibt ihr Ausdrucksmittel.
2) Philosophie übergreift alle Wissenschaft. Sie vermag[,] noch bevor die wissen-
schaftliche Entwicklung in nennenswertem Umfang stattgefunden hat, das Tiefste
und Letzte zu berühren, wenn auch in fast noch stumm bleibender Einfachheit. Wenn
Philosophie auch jederzeit in der wissenschaftlichen Atmosphäre lebt, so liegt sie
selbst doch vor aller Wissenschaft, auch dann noch, wenn Wissenschaft ein Zeitalter
beherrscht.
3) Philosophie hat sich bemüht, Wissenschaft zu werden. Das geschah zuletzt im
Neukantianismus, der das transcendierende Denken mit theoretischer wissenschaft-
licher Einsicht verwechselte. Die historischen Erscheinungen des Verhältnisses von
Philosophie und Wissenschaft zeigen naive Einheit, bewusste Identificierung, Unter-
scheidung aus der Einsicht ursprünglichen philosophischen Aufschwungs.
4) Echte Philosophie ist zu allen Zeiten, in denen Wissenschaften blühten, ausge-
zeichnet durch Teilnahme an den Wissenschaften. Aus dem ursprünglichen Wissen-
wollen der Philosophie erwachsen die Antriebe zu den Wissenschaften. Zur Wahrhaf-
tigkeit des Philosophierens gehört die wissenschaftliche Grundhaltung, das Drängen
zur Totalität der Wissenschaften.
d. Idee der Einheit der Philosophiegeschichte. - Die Einheit der Universalge-
schichte der Philosophie ist nicht Tatbestand, sondern Idee. Wir suchen die Einheit,
aber erreichen nur jeweilige, partikulare Einheiten.
So ist etwa eine Problementfaltung zu entwerfen (z.B. des Leib-Seele-Problems),
aber die historischen Tatbestände in ihrer zeitlichen Folge coincidieren nur zum Teil
mit irgendeiner gedanklich konsequenten Konstruktion. Es lassen sich Systemfolgen
konstruieren, so die berühmteste Konstruktion der deutschen, dann aller Philosophie
auf Hegel hin, wie sie von ihm gesehen wurde. Aber solche Konstruktion vergewaltigt
das Kantische und das Schellingsche Denken, bemerkt nicht, was dort dem Hegelschen
Denken tötlich ist, für dieses daher als nicht vorhanden gilt, lässt aus, was dem ande-
ren Denken gerade das Wesentliche war. Keine Konstruktion der Philosophiege-
schichte als einer sinnvoll konsequenten Folge von Positionen fällt mit der histori-
schen Tatsächlichkeit zusammen. Aber als partikulare typisierende Perspektiven haben
solche Konstruktionen einen Sinn, der jeweils im Einzelfall zu prüfen ist.
Auch eine logische Ordnung des Ganzen einer gegenwärtigen philosophischen Be-
wusstheit kann nicht als Ordnung des historischen Ganzen aufgefunden werden, wenn
auch im historischen Bilde wiederkehrt, was gegenwärtig systematisch gedacht wird.
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stimmten Gesichtspunkt wird zugleich die gegenwärtige philosophische Wahrheit er-
hellt. Es ist historisch zu sehen:
1) Philosophie ist abhängig von den Wissenschaften und ihrer Entwicklung. Das
Wissen einer Zeit ist das Material des Philosophierens, lässt die Philosophie ihre Fra-
gen stellen, gibt ihr Ausdrucksmittel.
2) Philosophie übergreift alle Wissenschaft. Sie vermag[,] noch bevor die wissen-
schaftliche Entwicklung in nennenswertem Umfang stattgefunden hat, das Tiefste
und Letzte zu berühren, wenn auch in fast noch stumm bleibender Einfachheit. Wenn
Philosophie auch jederzeit in der wissenschaftlichen Atmosphäre lebt, so liegt sie
selbst doch vor aller Wissenschaft, auch dann noch, wenn Wissenschaft ein Zeitalter
beherrscht.
3) Philosophie hat sich bemüht, Wissenschaft zu werden. Das geschah zuletzt im
Neukantianismus, der das transcendierende Denken mit theoretischer wissenschaft-
licher Einsicht verwechselte. Die historischen Erscheinungen des Verhältnisses von
Philosophie und Wissenschaft zeigen naive Einheit, bewusste Identificierung, Unter-
scheidung aus der Einsicht ursprünglichen philosophischen Aufschwungs.
4) Echte Philosophie ist zu allen Zeiten, in denen Wissenschaften blühten, ausge-
zeichnet durch Teilnahme an den Wissenschaften. Aus dem ursprünglichen Wissen-
wollen der Philosophie erwachsen die Antriebe zu den Wissenschaften. Zur Wahrhaf-
tigkeit des Philosophierens gehört die wissenschaftliche Grundhaltung, das Drängen
zur Totalität der Wissenschaften.
d. Idee der Einheit der Philosophiegeschichte. - Die Einheit der Universalge-
schichte der Philosophie ist nicht Tatbestand, sondern Idee. Wir suchen die Einheit,
aber erreichen nur jeweilige, partikulare Einheiten.
So ist etwa eine Problementfaltung zu entwerfen (z.B. des Leib-Seele-Problems),
aber die historischen Tatbestände in ihrer zeitlichen Folge coincidieren nur zum Teil
mit irgendeiner gedanklich konsequenten Konstruktion. Es lassen sich Systemfolgen
konstruieren, so die berühmteste Konstruktion der deutschen, dann aller Philosophie
auf Hegel hin, wie sie von ihm gesehen wurde. Aber solche Konstruktion vergewaltigt
das Kantische und das Schellingsche Denken, bemerkt nicht, was dort dem Hegelschen
Denken tötlich ist, für dieses daher als nicht vorhanden gilt, lässt aus, was dem ande-
ren Denken gerade das Wesentliche war. Keine Konstruktion der Philosophiege-
schichte als einer sinnvoll konsequenten Folge von Positionen fällt mit der histori-
schen Tatsächlichkeit zusammen. Aber als partikulare typisierende Perspektiven haben
solche Konstruktionen einen Sinn, der jeweils im Einzelfall zu prüfen ist.
Auch eine logische Ordnung des Ganzen einer gegenwärtigen philosophischen Be-
wusstheit kann nicht als Ordnung des historischen Ganzen aufgefunden werden, wenn
auch im historischen Bilde wiederkehrt, was gegenwärtig systematisch gedacht wird.