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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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XLVI

Einleitung des Herausgebers

ren des Schilpp-Bandes174 und der Festschrift Offener Horizont, den Briefen an die frü-
heren Nobelpreisträger beigefügt werden soll.175 In der deutschen Presse wird wäh-
renddessen gemutmaßt, wer für den Literaturnobelpreis 1958 in Frage komme. Dabei
fällt neben Martin Buber, dem französischen Dichter und Philosophen Gabriel Mar-
cel und dem englischen Geschichtsphilosophen Arnold Toynbee auch der Name Jas-
pers: »Wie etwa steht es denn mit dem jetzt 75jährigen Karl Jaspers, dem bedeutend-
sten lebenden Philosophen seit Jahrzehnten, der auf ein Riesenwerk und gewaltige
Auswirkungen in Kunst und Wissenschaft zurückblicken kann?«176
Arendt stellt allerdings eine andere Überlegung an: »Es wäre vielleicht richti-
ger (vielleicht!) von vornherein zu versuchen, den Friedens-Preis statt des Litera-
turpreises zu verlangen. Dies liegt einmal mehr in der Linie gerade des Atombuches
[...]. Zweitens aber, und dies ist wichtiger, ist es vermutlich erheblich aussichtsrei-
cher. Ich hörte in New York, dass Pasternak Kandidat für den diesjährigen Literatur-
preis ist [...]. Der Friedenspreis andererseits ist ja immer ein Sorgenkind der Stockhol-
mer gewesen; man weiss nie recht, wem ihn in jedem Jahr zu geben. Die Atombombe
steht im Zentrum der Diskussion - kurz, alles weist eigentlich darauf hin.«177 Auch
Pipers Denkschrift ist in dieser Ausrichtung entworfen: »Wenn es für die gegenwär-
tige Lage der Welt gilt, daß nur eine tiefgehende, mit ganzem Ernst vollzogene innere
Wandlung die Menschheit zu einem friedlichen Ausweg aus ihrer tödlichen Bedro-
hung führen wird, so wird das Verdienst des Philosophen Karl Jaspers für den Welt-
frieden klar: Jaspers hat seine Erkenntniskraft, seine auch in schwerster Zeit durchge-
haltene Beständigkeit und seine lautere Gesinnung an ein Lebenswerk gewandt, als
dessen Hauptzweck bezeichnet werden darf: die Menschen an die lange mißachtete,
unterschätzte, vergessene oder frevlerisch weggeworfene Macht der Vernunft zu erin-
nern - an diese geistige Macht, die den Menschen [...] erst befähigt, seine Rolle in die-
ser Welt in einer menschenwürdigen Weise zu spielen. Alle, die sich heute zu der Idee
des Nobelpreises bekennen [...], sind darin einig, daß die Idee des Friedens als Reali-
tät nicht anders heißen kann als: Frieden in Freiheit, Frieden aus und Frieden für die
Freiheit. [...] Gekrönt hat jaspers selbst sein Eintreten für die Vernunft, die allein den
Frieden retten, besser: ihn erst eigentlich gründen kann, durch sein kürzlich erschie-
nenes Buch DIE ATOMBOMBE UND DIE ZUKUNFT DES MENSCHEN.«178 Später kom-

174 P. A. Schilpp (Hg.): Karl Jaspers, Stuttgart 1957.

175 Vgl. H. Arendt an K. Piper, 3. Dezember 1957, in: C. Christophersen: Hannah Arendt über Rahel
Varnhagen, 252; K. Piper an H. Arendt, 7. März 1958, Durchschlag, DLA, A: Piper.

176 Vgl. W. Kraus: »Wer erhält den Literatur-Nobelpreis? Jaspers, Martin Buber, Toynbee oder Gabriel
Marcel wären echte Repräsentanten«, in: Neues Volksblatt (Bamberg), 15. März 1958.

177 H. Arendt an K. Piper, 1. Mai 1958, DLA, A: Piper.

178 K. Piper: Denkschrift für Jaspers Nobelpreis, o.D. [wohl zwischen dem 20. und 27. März 1958],
Entwurf, ebd.
 
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