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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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LVI

Einleitung des Herausgebers

so Jaspers, um an eine wirkliche Revolution der Denkungsart im Deutschen zu appel-
lieren, wirkungslos. Andererseits: »Ein Buch von 300 oder 400 Seiten hätte vielleicht
den Mangel, eine starke Verbreitung in grösserer Auflage unmöglich zu machen.«236
Schwierigkeiten sieht Jaspers auch inhaltlich bei der von ihm eingenommenen, »lei-
der den meisten Deutschen gegenwärtig noch unerwünschten Position«.237 Was er
nämlich unter Deutschland verstehe, »ist nicht geläufig. Es ist jedenfalls nicht iden-
tisch mit dem Bismarckreich und irgendeiner Politik.«238 Dass Jaspers' Auffassung so
sehr dem widerspricht, was in breitesten Kreisen als selbstverständlich gilt, hemmt
ihn vor der Endredaktion dieser Schrift. Außerdem zweifelt Jaspers, ob Piper »in einer
so heiklen Sache ein wahrscheinlich höchst unwillkommenes Buch überhaupt verle-
gerisch riskieren« wolle.239 Diesbezüglich kann Jaspers allerdings ganz beruhigt sein,
denn die »ungewöhnlich tief dringenden Ausführungen« seines Verlegers sind für
ihn vielmehr »eine Ermunterung. Fast wäre ich geneigt zu sagen: schreiben Sie das
Buch! «240
Pipers begeisterte Aufnahme der Überlegungen zum »Deutschlandbuch« könnte
die o.g. Forschungsthese, dass Piper Jaspers zum politischen Schriftsteller aufgebaut
habe, bestätigen. Doch als der Verleger Anfang 1950 Jaspers fragt, an welchen Arbei-
ten er zur Zeit sitze und dieser ihm vertraulich von der »Weltgeschichte der Philoso-
phie«, einem seit 1937 in Arbeit befindlichen großangelegten Buchprojekt, berichtet,
spricht Pipers Position eindeutig eine andere Sprache. Zunächst aber teilt Jaspers ihm
zu jenem umfassenden philosophiegeschichtlichen Vorhaben mit, dies sei »nicht
etwa eine chronologische Erzählung des Ganzen, - sondern eine Behandlung der
2V2 Jahrtausende wie eine einzige Gegenwart, als ob ich mit Zeitgenossen redete.
Mein Buch: >Vom Ursprung und Ziel der Geschichte« ist die erweiterte Einleitung die-
ses Werkes, das nun durch diese selbständige Publikation davon entlastet ist.«241 Zum
Deutschlandbuch bemerkt er demgegenüber: »Das Problem des Deutschlandbuches
erreicht mich immer von neuem. [...] Ob und wann ich es wage, weiss ich nicht. Es
liegt mir am positiven deutschen Selbstbewusstsein, unabhängig von Politik, aber mit
der Folge einer Umformung des Bewusstseins von deutscher Geschichte.«242 In Pipers
Antwort auf diese Erklärung eines Primats der Philosophie vor der Politik findet sich
keine Spur davon, Jaspers vom Gegenteil zu überzeugen, d.h. dem Deutschlandbuch
den Vorzug zu geben, sondern er bekundet vielmehr: »Ihr Plan, eine »Weltgeschichte

236 Ebd., 42.

237 K. Jaspers an K. Piper, 13. September 1947, ebd., 47.

238 Ebd.

239 K. Jaspers an K. Piper, 4. Oktober 1948, ebd., 79.

240 K. Jaspers an K. Piper, 10. Dezember 1948, ebd., 84-85.

241 K. Jaspers an K. Piper, 7. Januar 1950, ebd., 109.

242 Ebd.
 
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