Metadaten

Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0299
Lizenz: In Copyright

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
198

Karl Jaspers - Piper Verlag (1954)

118 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
München, den 27. März 1954
Sehr verehrter Herr Professor!
Von Professor Bultmann ist kürzlich der Durchschlag seines Manuskriptes der Erwi-
derung für die »Theologische Zeitschrift« gekommen.573 Anbei sende ich Ihnen das
Manuskript, das ich mit Interesse gelesen habe. Zu Beginn scheint mir die Erwiderung
noch nicht recht konzentriert zu sein. Im weiteren Verlauf finden sich aber Ausfüh-
rungen, die zum Nachdenken anregen - vor allem zu den entscheidenden Problemen:
Offenbarungsglaube und Absolutheitsanspruch.
Meine Frage ist nun, ob Sie, wie früher schon in Aussicht gestellt, nun noch eine
Replik schreiben wollen. Ich persönlich würde es begrüßen, weil der Leser unserer
kleinen Publikation einen Gewinn davon hätte, wenn ihm durch Sie, also von Seiten
des Philosophen, diese Fragen in der einen oder anderen Hinsicht vielleicht noch kla-
rer gemacht würden. Ich habe den Eindruck, als ob die ganze Diskussion über die Ent-
mythologisierung zeige, wie unvermeidlich unsere abendländische dualistische
Bewußtseinsstruktur ist: Glaube und Geschichte (»Offenbarung« und »Offenbarungs-
glaube«) lassen sich nicht auf eine Denkebene bringen, wie offenbar ebenso wenig der
Absolutheitsanspruch des religiösen Glaubensaktes in der Seele des einzelnen Men-
schen real zu trennen ist vom Ausschließlichkeitsanspruch historischer Kirchen (wenn
wohl auch heute eine unbezweifelbare machtmäßige Realität nur mehr dem säkulari-
sierten Absolutheitsanspruch der kommunistischen Doktrin zuzukommen scheint.)
Für die Replik wäre es eine wichtige Aufgabe, auch vielleicht einiges Konkrete zum
Begriff des Mythos zu sagen. Irre ich, wenn ich den Eindruck habe, daß sich zu viele
für die Diskussion um die Entmythologisierung interessieren, ohne das, was Mythos
wirklich bedeutet, und besonders, was christlicher Mythos bedeutet, bis auf den
Grund durchdacht zu haben?
Professor Bultmann schreibt, seine »Antwort an Karl Jaspers« erscheine in der April-
Nummer der »Theologischen Zeitschrift«.574 Im »Merkur« wird sie wohl in der dorti-
gen Mai-Nummer kommen,575 sodaß wir das Buch Ende Mai herausbringen könnten.
Falls Sie die Replik schreiben wollen, wird dieser Termin allerdings nicht möglich sein.
Bis wann würden Sie uns das Manuskript zur Verfügung stellen können?
Versehentlich ließ ich von dem Bultmann'schen Manuskript keine Abschrift mit
Durchschlägen anfertigen. Ich wäre Ihnen deshalb dankbar, wenn Sie mir das Manu-
skript zurückschickten, wenn Ihnen der Abdruck in der »Theologischen Zeitschrift«
vorliegt.
Die recht komplizierte Redaktion unseres Jubiläumsalmanachs ist beendet. Er wird
pünktlich zum Verlagsjubiläum Anfang Mai zur Auslieferung kommen. Ich hoffe, daß
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften