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Karl Jaspers - Piper Verlag (1956)
des Buches geleistet. Alle andern werden erheblich kürzer ausfallen müssen. Wie das
wird angesichts meines Materials und seiner Masse, kann ich im Augenblick noch
nicht übersehen. Der Plan des Ganzen ist bis in die einzelnen Gestalten vorbereitet.768
Ich hoffe noch ernstlich, dass ich im Herbst Ihnen das Manuskript fertig liefern kann,
doch ist so etwas natürlich immer ungewiss. Im Sommer muss ich wieder lesen. Wenn
ich auch die Vorlesungen auf mein Buch hin halte, so ist doch keine Koinzidenz und
eine immer beträchtliche Ablenkung.
Der Ladenpreis des Buches von DM 36.- scheint mir durchaus befriedigend. Ohne-
hin kann ich Ihnen nicht hineinreden, sondern bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie die-
ses »grosse« Werk zu einer möglichst grossen Verbreitung bringen wollen. Darin liegt
sein Sinn. Zwar möchte ich auch in die schwierigsten Dinge einführen, doch so, dass
nach Möglichkeit meiner Kräfte niemals die Abgleitung in blosse intellektuelle Opera-
tionen stattfindet. Ich habe übrigens manchmal beobachtet, dass Studenten, die Phi-
losophie in keinem Sinn zu ihrem Fache machen, grade von schwierigen Gedanken-
gängen, wenn sie ein Geheimnis zu enthalten scheinen, gefesselt sind. So beobachtete
ich das bei ungemein schwierigen Gedankengängen Nagarjunas.769 Dagegen hört das
Interesse immer auf, wenn die substantielle Bedeutung von Gedanken in einer bloss
logischen Apparatur verschwindet.
Der Kleindruck hat verschiedene Funktionen. Erstens betrifft er Stellen- und Lite-
raturangaben, zweitens vielfach die Lebensläufe, vor allem aber dient er mir zur grös-
seren Übersichtlichkeit der jeweiligen philosophischen Gedankenwelt. Das Klein-
gedruckte ist dann nicht etwa unwichtig, sondern bedeutet die Ausbreitung eines
Materials oder gleichsam den Block eines Gedankenganzen, das ich reproduziere, usf.
Der Leser soll nicht etwa überschlagen, sondern den Text möglichst übersichtlich zu
Griff haben, damit ihm der Atem beim Lesen nicht ausgeht. Es ist die Erfahrung, dass
ein moderner Mensch eine lang hingezogene Darstellung, wie sie unsere grossen Phi-
losophen sich leisteten, nicht mehr erträgt, da ihm der Atem für das Aushalten und
die Intensität des Eindringens heute durchweg fehlt. Nun kommt es darauf an, ob es
möglich ist, die Tiefe der Philosophie nicht zu verlieren, wenn man sie versucht auf
das Wesentliche zu bringen, wie es einem heute erscheinen mag. Der Kleindruck,
wegen dessen ich schreibe, hat also hier eine ganz wesentliche Funktion in der Glie-
derung der Darstellung selbst.
Wegen der Radiovorträge über die zwölf Philosophen bin ich noch nicht entschie-
den. Es ist einfach eine Zeitfrage. Mit dem Vortragsleiter am Radio Basel werde ich im
April eine endgültige Verabredung treffen, wie ich hoffe. Es liegt nur an mir.
Natürlich ist es mir eine ausserordentliche Freude, Sie im Frühjahr wiederum zu
sprechen. Ich bitte Sie sehr, bei der Gelegenheit Ihrer Schweizer Reise mich aufzusu-
chen. Am 20. April beginnen die Vorlesungen. Es wäre mir sehr lieb, wenn der Besuch
vorher stattfände. Für jetzt wünsche ich Ihnen mit Ihrer Frau schöne Tage in Gastein.77°
Karl Jaspers - Piper Verlag (1956)
des Buches geleistet. Alle andern werden erheblich kürzer ausfallen müssen. Wie das
wird angesichts meines Materials und seiner Masse, kann ich im Augenblick noch
nicht übersehen. Der Plan des Ganzen ist bis in die einzelnen Gestalten vorbereitet.768
Ich hoffe noch ernstlich, dass ich im Herbst Ihnen das Manuskript fertig liefern kann,
doch ist so etwas natürlich immer ungewiss. Im Sommer muss ich wieder lesen. Wenn
ich auch die Vorlesungen auf mein Buch hin halte, so ist doch keine Koinzidenz und
eine immer beträchtliche Ablenkung.
Der Ladenpreis des Buches von DM 36.- scheint mir durchaus befriedigend. Ohne-
hin kann ich Ihnen nicht hineinreden, sondern bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie die-
ses »grosse« Werk zu einer möglichst grossen Verbreitung bringen wollen. Darin liegt
sein Sinn. Zwar möchte ich auch in die schwierigsten Dinge einführen, doch so, dass
nach Möglichkeit meiner Kräfte niemals die Abgleitung in blosse intellektuelle Opera-
tionen stattfindet. Ich habe übrigens manchmal beobachtet, dass Studenten, die Phi-
losophie in keinem Sinn zu ihrem Fache machen, grade von schwierigen Gedanken-
gängen, wenn sie ein Geheimnis zu enthalten scheinen, gefesselt sind. So beobachtete
ich das bei ungemein schwierigen Gedankengängen Nagarjunas.769 Dagegen hört das
Interesse immer auf, wenn die substantielle Bedeutung von Gedanken in einer bloss
logischen Apparatur verschwindet.
Der Kleindruck hat verschiedene Funktionen. Erstens betrifft er Stellen- und Lite-
raturangaben, zweitens vielfach die Lebensläufe, vor allem aber dient er mir zur grös-
seren Übersichtlichkeit der jeweiligen philosophischen Gedankenwelt. Das Klein-
gedruckte ist dann nicht etwa unwichtig, sondern bedeutet die Ausbreitung eines
Materials oder gleichsam den Block eines Gedankenganzen, das ich reproduziere, usf.
Der Leser soll nicht etwa überschlagen, sondern den Text möglichst übersichtlich zu
Griff haben, damit ihm der Atem beim Lesen nicht ausgeht. Es ist die Erfahrung, dass
ein moderner Mensch eine lang hingezogene Darstellung, wie sie unsere grossen Phi-
losophen sich leisteten, nicht mehr erträgt, da ihm der Atem für das Aushalten und
die Intensität des Eindringens heute durchweg fehlt. Nun kommt es darauf an, ob es
möglich ist, die Tiefe der Philosophie nicht zu verlieren, wenn man sie versucht auf
das Wesentliche zu bringen, wie es einem heute erscheinen mag. Der Kleindruck,
wegen dessen ich schreibe, hat also hier eine ganz wesentliche Funktion in der Glie-
derung der Darstellung selbst.
Wegen der Radiovorträge über die zwölf Philosophen bin ich noch nicht entschie-
den. Es ist einfach eine Zeitfrage. Mit dem Vortragsleiter am Radio Basel werde ich im
April eine endgültige Verabredung treffen, wie ich hoffe. Es liegt nur an mir.
Natürlich ist es mir eine ausserordentliche Freude, Sie im Frühjahr wiederum zu
sprechen. Ich bitte Sie sehr, bei der Gelegenheit Ihrer Schweizer Reise mich aufzusu-
chen. Am 20. April beginnen die Vorlesungen. Es wäre mir sehr lieb, wenn der Besuch
vorher stattfände. Für jetzt wünsche ich Ihnen mit Ihrer Frau schöne Tage in Gastein.77°