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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1960)

381

mat denken, begreiflich; aber die Schizophrenie liege darin, daß die Deutschen im
praktischen Handeln sich längst auf ganz neue, übernationale Raumstrukturen ein-
gerichtet haben, in denen ja das, was »Heimat« ist, nicht als Lebensmöglichkeit für
den Einzelnen ein für alle mal untergehen müsse - daß aber dieselben zeitgemäß han-
delnden Deutschen offenbar, aus der von ihnen erfahrenen Reaktion zu schließen,
ihr politisches Bewußtsein wiederum nochmals von der Idee eines machtpolitisch
durchzusetzenden großen deutschen Nationalstaates beherrschen lassen. Deshalb
sagte ich im Gespräch zu Ihnen, daß die gegenwärtige Stunde heißt: Die erste und die
letzte Chance der deutschen Demokratie.
Ich hoffe, Sie hatten einen schönen, Sie Beide erfüllenden und ermutigenden Fest-
tag in Basel,12°° und bleibe mit den herzlichsten Grüßen, auch wie stets im Namen
meiner Frau,
Ihr
Klaus Piper
PS
Sind Sie einverstanden, daß wir das vertragliche Honorar so halten wie bei der Frie-
denspreisrede - 10% vom Ladenpreis. Selbstverständlich möchte ich den Verkaufs-
preis der Broschüre wiederum möglichst niedrig halten.
Ihr Klaus Piper
228 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
6. Oktober 1960
Lieber Herr Professor!
Erlauben Sie mir, Ihnen heute für die »Wiedervereinigung und Freiheit«-Broschüre
noch einige Gedanken mitzuteilen, die Ihnen vielleicht, wenn sie auch schon im
Wesentlichen Inhalt unseres Gesprächs waren, nützlich sind.
Ich habe mir überlegt, daß der Zweck der Broschüre, möglichst viele Menschen zu
einer rechten Einsicht, ja vielleicht da und dort auch zu einer Umkehrung des Den-
kens zu bringen, dann erhöhte Aussicht hätte, wirklich wirksam erreicht zu werden,
wenn Ihr Vorwort ein werbendes Element enthält. Unter dem, was ich mit »werben«
verstehe, möchte ich andeuten: Sie verstehen den Schmerz, die Enttäuschung vieler
Deutscher, besonders solcher, die in Mittel- oder Ostdeutschland gelebt haben, nach
dem Versagen und der Vereitelung eines deutschen Nationalstaates, dessen Idee, im
18. Jahrhundert gefaßt, im 19. Jahrhundert Mittelpunkt der deutschen Geschichte
geworden ist. Wenn Sie die Vorstellung der Wiedererrichtung eines »Bismarck-
 
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