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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0528
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1962)

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254 Karl Jaspers an Klaus Piper
Typoskript; DLA, A: Piper
Basel, den 21. August 1962
Lieber Herr Piper!
Meine Frau erzählte mir von Ihrem mit einem neuen Einfall erdachten Plan, mir ein
kostbares Geburtstagsgeschenk zu machen. Sie zeigte mir Ihren Brief, den Sie ihr nach
Lektüre meines alten Manuskriptes schickten.1337 Welch ein schöner Brief, einsichtig,
kritisch, freundschaftlich! Dass Sie offenbar eine kleine Freude bei der Lektüre gehabt
haben, tat mir natürlich wohl. Für alles danke ich Ihnen herzlich.
Aber nun leider wieder der Ihnen bekannte Widerstand in mir! Meine Frau hat
Ihnen schon geschrieben.1338 Ich kann mich nicht entschliessen, äusser vielleicht
10-20 Menschen, diese Schrift zu schicken. Es ist eine Zumutung, durch persönli-
che Zusendung den Anspruch des Interesses zu erheben. Ihr Gedanke, diese Schrift
als Dank für Glückwünsche zu senden, ist herrlich. Aber es gehört dazu ein ande-
rer Mensch, als ich es geworden bin. Es würde mir sogar leichter [sein], mich einer
anonymen Öffentlichkeit auszusetzen. Auch dafür haben Sie sogleich den Gedanken:
die Überarbeitung des alten Textes von 1937, und die Erweiterung zu einer Autobio-
graphie würde mir eine schöne und befriedigende Arbeit sein. Sollte ich sie einmal
zu meiner und meiner Frau und meiner Freunde Zufriedenheit beendigen, so würde
ich sogar bei Lebzeiten keine Sorge haben, sie zu veröffentlichen. Das wird daran lie-
gen, wozu ich, solange ich noch lebe, jeweils am meisten Lust habe. Jetzt jedenfalls
drängt es mich zu den »Grossen Philosophen« und der Schrift über den Glauben in
der Politik.1339 Ob diese Kindheitserinnerungen ohne meine Bearbeitung nach mei-
nem Tode publiziert werden könnten, sollen dann die Freunde entscheiden, unter
denen auch Sie sich befinden, die dann für das Ansehen meiner Arbeiten und mei-
ner selbst besorgt sind. So bitte ich Sie für jetzt, mir dieses schöne Geschenk nicht zu
machen. Es ist mir gar nicht wohl dabei zumute, Sie um die Freude zu bringen, die Sie
offenbar dadurch gehabt hätten, dass Sie mir die Schrift zum 80. Geburtstag überrei-
chen. Darf ich Ihnen nicht danken, als ob Sie mir das Geschenk tatsächlich gemacht
hätten? Der freundliche Gedanke ist ja doch wichtiger als die materielle Verwirk-
lichung. Mit Ihrem Plane der Gesamtausgabe haben Sie mir ein Unternehmen für
die Zeit nach meinem Tode eröffnet.1340 Mit diesem kleineren Plan der Autobiogra-
phie könnte es vielleicht schon vorher etwas werden. Doch in meinem Alter, das ich
erreicht habe, sind die Jahre und vielleicht die Tage gezählt. Auf alle Fälle möchte ich
aber das Manuskript, das ich seit 1938 nicht mehr gelesen habe, noch durcharbeiten
und feilen. Dazu habe ich im Augenblick zwar keine Lust. Diese könnte aber zwischen-
durch einmal kommen.
 
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