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Karl Jaspers - Piper Verlag (1965)

hier in seinem Wesen zeige. Fast möchte ich die Stelle in meiner Schrift - natürlich in
der gehörigen Weise der Hochachtung vor dem Geiste dieses Mannes - analysieren;
das führt hier zu weit. Ich sollte mich vielleicht viel näher mit Holthusen beschäfti-
gen; dann würde ich sehen, ob ich ihn mit Recht für einen geistigen Schrittmacher in
die grossen Selbsttäuschungen des neuen Deutschlands halte. Jetzt kann ich nur von
dem, was ich gelesen habe, sprechen. Nochmals: seine Besprechung gehört zu dem
Interessantesten.
Auf dem 2. Blatte Ihres Briefes schreiben Sie über Ihre eigene Auffassung von der
falschen Beruhigung. Da treffen Sie einen entscheidenden Punkt. Ich stimme Ihnen,
wie Sie wissen, ganz zu.
Wegen meines Buches kann ich Ihnen noch nichts Endgültiges sagen; erst wenn
ich das Ganze in erster Abschrift vor mir habe, beginnt die Arbeit der eigentlichen For-
mulierung. Dann erst kann ich alles in Beziehung aufeinander abwägen. Wenn diese
Arbeit beginnt, auf Grund des Materials eines Gesamttextes, dann erst kann ich unge-
fähr übersehen, wie lange es noch dauern wird.
Auf das Buch von Peter BENDER, das Sie mir ankündigen, bin ich gespannt. Ich
habe die Artikel im »Spiegel« nicht gelesen. Was wird übrigens die deutsche Presse zu
dem neuen Verfahren gegen Augstein sagen? Man sollte einen flammenden Protest
durch die ganze Bundesrepublik gegen das Karlsruher Bundesgericht erwarten, das
einen so verdienten Mann ohne bestimmte Angaben einfach auf Grund einiger Arti-
kel nach Karlsruhe vorladet - und vor allem gegen die Regierung, die die unglaublich
verschwommenen Paragraphen, die nach 1945 ins Strafgesetzbuch gelangt sind, end-
lich bestimmt fassen soll. Mit diesen Paragraphen lässt sich alles machen. Ich habe szt.
Kommentare der Juristen gelesen, die die Verwirrung nur noch deutlicher machen.
Man ist in Deutschland bei Vorwurf wegen Landesverrat vogelfrei.1563
Würden Sie Herrn Dr. Hinderer, der mich danach fragt, mitteilen, dass ich mich
nicht erinnere, in meinen Werken irgendwo eine ausführlichere Darstellung von
Männer-Sozietäten gegeben zu haben.1564
Mit herzlichen Grüssen
Ihr
Karl Jaspers
Heute kam Mitscherlichs Besprechung im Spiegel, von Ihnen gesandt.1565 Vielen
Dank! Er ist wenigstens eindeutig für H. A. Dass er die Autorin nicht »mag«, ist leider
auch deutlich.1566