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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0635
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1966)

313 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
München, 20.Juni 1966
Lieber Herr Professor,
ich habe mich einige Zeit lang nicht bei Ihnen gemeldet, da ich Ende Mai, Anfangjuni
gesundheitlich ein wenig auf der Nase lag (einschließlich Amerikareise und Umzug
war wohl ein bißchen zuviel zusammengekommen). Es geht mir jetzt wieder gut und
ich werde mit meiner Frau für vierzehn Tage zur Erholung ins Engadin gehen. Alle Vor-
gänge Ihres Buchs habe ich natürlich laufend und mit allergrößtem Interesse verfolgt.
Herr Dr. Rössner hat mir von seinem kürzlichen Telefongespräch mit Ihnen berichtet.
Eben liegt das großartige Interview, das Sie Armin Eichholz für den Münchner Merkur
gaben, vor mir auf dem Tisch.1702
Um gleich hier anzuknüpfen: Die Resonanz in der Presse ist doch schon sehr
umfangreich. Die kritische Auseinandersetzung läßt noch zu wünschen übrig, aber
sie verlangt eben einen eigenen, zu leistenden Denkprozess und dafür Zeit. Soviel ich
hörte, werden aber an verschiedenen Stellen Auseinandersetzungen, die sich nicht an
der Oberfläche halten, erwartet. So im MONAT und an anderen Stellen.
Vollkommen richtig stellten Sie fest, daß es bei entscheidenden Büchern (Sie
haben es nicht wörtlich so gesagt) der eigentlichen Rezensionen nicht einmal bedarf.
Diese Erfahrung wird auch sonst gemacht.
Zwei positive Dinge dürfen eindeutig gesagt werden. Sie wirken mit Ihrer Schrift
über die Bundesrepublik faktisch in einer Weise auf das Denken vieler Menschen, akti-
ver Politiker und »normaler« Bürger und Sie wirken mit einer Intensität auf die öffent-
liche Meinung in einem Grade ein, wie es doch erstaunlich und, wie ich finde, unbe-
dingt erfreulich ist.
Es ist ja mit Händen zu greifen, daß Politiker, Minister oder Abgeordnete Ihr Buch
gelesen haben oder jetzt lesen. Ich entsinne mich einer ziemlich heftigen Abwehr
(ohne Nennung Ihres Buches oder seines Autors) von Wehner vor dem SPD-Partei-
tag.1703 Natürlich hat zum Beispiel auch Barzel Ihr Buch gelesen.1704 Man kommt eben
nicht drum herum! Dies ist der Klarheit, Entschiedenheit und inneren Konsequenz
Ihres Buches, Ihres Denkens - dies ist der Entschiedenheit Ihres Engagements (oft
wird dieser Begriff mißbraucht) zu danken.
Der Buchhandel ist von Anfang an »mitgegangen«. Mit dem Verkaufserfolg dürfen
wir bis jetzt gewiß zufrieden sein, wenn ich mir natürlich auch wünsche, daß die abge-
setzte Auflage in zwei Monaten oder bis zur Buchmesse im September noch wesent-
lich höher sein wird. Da aber nun die Deutschland-Frage in einem solchen Maß in
Fluß gekommen ist, bleibt die Aktualität Ihres Buches für die nächste Zeit ohne Zwei-
fel ungemindert.
 
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