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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1966)

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Ich habe auch in der letzten Zeit viel an Ihr neues Deutschlandbuch gedacht. Ich
sage »neues Deutschland-Buch«, da Ihre »Antwort« zwar von den Argumenten der
Kritik auf das erste Buch ausgeht, aber zu vielen weiterführenden Folgerungen von
selbständigem Gewicht führen wird. So soll und wird unsere Werbung davon ausge-
hen, daß das Buch nicht irgendwie eine Sekundär-Schrift ist, sondern daß es eben als
gleichgewichtige Ergänzung neben das erste Buch treten wird.
Ich sträubte mich lange gegen das Fernsehen. Seit einigen Monaten haben wir es
zu Hause und ich muß sagen, daß schon der physiognomische Anschauungsunter-
richt, den die Politiker bieten, doch wirklich lohnt. So in dem Bericht des Ersten Fern-
sehprogramms über die Ergebnisse der bayerischen Landtagswahl unmittelbar in den
Abendstunden nach der Wahl: Mende als schlechter Verlierer. Er wirkte zu »beleidigt«,
nicht mit einem Wort aussprechend, daß seine Partei nach einer solchen Niederlage
über die Grundlagen ihrer Existenz und ihrer politischen Stellung nachdenken muß.
Wehner konzentriert, die Schlagfertigkeit aber irgendwie verklemmt, nicht wirklich
frei und sicher, dies sozusagen die innere Situation seiner Partei spiegelnd, - und die
Ausstrahlung eines möglichen staatsmännischen Ranges ...?1747
Eine Beobachtung zur Soziologie der Politiker in Italien (wo wir Politiker im Fern-
sehen bei den Katastrophenmeldungen sahen) war: Die führenden Politiker in Ita-
lien sind vielfach Intellektuelle von Format, häufig Universitätsprofessoren, Anwälte,
Männer, die als gebildet sofort erkennbar sind; demgegenüber herrscht in der Bun-
desrepublik der äußere Vitalität zeigende, ungeistige bürgerliche Erfolgstyp vor. Eben
kaum Gesichter, die »politische Denkungsart« als innere Leidenschaft spüren lassen.
Der Verlag Kiepenheuer & Witsch zeigte vier dort erschienene Deutschland-
Bücher an. Ich füge die Anzeige bei, um Sie zu fragen, ob es Ihnen erwünscht wäre,
wenn ich Ihnen das eine oder andere der Bücher, die für Sie jetzt von Wert wären,
zuschicken lassen würde.1748
Ich bin weiter auf der Suche nach einem Autor für das Buch über die Wirtschafts-
problematik der Bundesrepublik. Herr Dr. Rössner wird in Kürze in Tübingen sein und
Eschenburg befragen, außerdem den Wirtschaftshistoriker Professor Erich Born, von
dem in unserem Verlag im nächsten Frühjahr ein interessantes und etwas unheim-
lich-aktuelles Buch erscheint: Finanzen und Politik, Die deutsche Bankenkrise 1931.1749
Abs wäre für das Wirtschaftsbuch sicher ein zuständiger und bedeutender Autor,
aber es ist wohl kaum anzunehmen, daß er faktisch bereit wäre. (Abs wird neuerdings
wieder in persönlichen Gesprächen als Bundeskanzlerkandidat genannt).1750
Ich frage wegen des Wirtschaftsbuches noch verschiedene andere Leute.
Persönlich darf ich nun noch sagen, daß sich der Arbeitsbeginn, rein physisch
genommen, nicht schlecht angelassen hat. Ich war gestern bei der Nachuntersu-
chung. Man zeigte sich sehr zufrieden und sagte mir, daß ich mit der Regeneration
der Nerven im Bein noch Geduld haben müsse, worauf ich durchaus eingestellt bin.
 
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