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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1967)

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ter, - der politische Schriftsteller, die Dinge auf die Spitze treiben muss, um Klarheit
zu erreichen.1837
So steht der Kritiker und steht der Politiker in einer existentiell verschiedenen Posi-
tion. Unter dem höchsten Anspruch des Lebens aber, die Verwirklichung des Guten,
müssen doch beide sich solidarisch fühlen, und so könnte ich mir denken, daß dieses
zweite politische Deutschlandbuch des großen deutschen Warners, der es als leiden-
schaftlich Beteiligter in Basel geschrieben hat, zum Schluß ausspricht, daß er sich soli-
darisch fühlt mit allen Handlungen, die einen Beitrag leisten für eine erst zu gewin-
nende freiheitliche deutsche Demokratie.1838
So sollte vielleicht, analog zu Grass, auch klar gemacht werden, daß die jetzt füh-
renden Politiker subjektiv keine Feinde der Freiheit sind.1839 Sie glauben ja nicht an
eine Rassenidee, oder an einen absoluten Geschichtsprozess oder an eine klassenlose
Gesellschaft, die nach wie vor für die Marxisten absoluten Vorrang haben vor Würde
und Freiheit des einzelnen Menschen.
Also wäre vielleicht die Pointe, nochmal mit einem Wort herauszubringen, daß die
unbestimmte gute Gesinnung (der jetzigen Politiker), die nicht das Risiko der politi-
schen Umkehr gehen will, ungenügend ist.l84° (Daß Ihr Buch, wie das erste, - wie alle
Ihre Schriften über Deutschland, aus dem Geist der Solidarität mit dem bedrohten
wahren Deutschland getragen ist, ist für Ihre richtigen, für Ihre guten Leser natürlich
selbstverständlich.)
Sie haben in früheren Jahren den Begriff des Totalitären in der Abwehr oft gebracht.
Jetzt ist er selten. Ich glaube auch, daß eine bloß »anti-totalitäre« Haltung für das not-
wendige Zusammenleben mit der kommunistischen Welt nicht mehr genügt. Trotz-
dem kann es etwas verwirrend wirken, wenn Sie zum Schluß des letzten Abschnitts,
über die NPD, schreiben, daß »die einzige große Gefahr der NPD die Steigerung des
wiedererwachten Nationalismus« ist.1841 Die Gefahr ist doch auch die, daß ein neu auf-
flammender Nationalismus zu einem neuen, gegenwärtig noch unbekannten Totali-
tarismus führen kann. Wie ich Ihnen schon sagte, bin ich mira sicher, daß die eigent-
liche Stoßrichtung der Kräfte in und hinter der NPD in national-bolschewistischer
Richtung liegt, in der Richtung eines Sinnes, der sich auch mit dem Teufel verbindet,
um die verhaßte »amerikanische« moderne Welt zu zerschlagen (das alles ist natür-
lich völlig verworren, unartikuliert). Daß Ulbricht die NPD außerordentlich begrüßt,
darin kann natürlich kein Zweifel sein. Daß die großen Parteien, daß der vorherr-
schende Typus der Politiker, sich das Malheur selbst zuschreiben müssen, darin muß
Ihnen jeder Einsichtige zustimmen.
Was die gegenwärtige Koalition angeht, so werden Sie vermutlich nicht so weit
gehen wollen, ihr eine mögliche Chance einzuräumen, die mir eben durch den Kopf

a nach mir hs. gestr. ganz
 
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