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Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki, Christine [Hrsg.]; Schulz, Fabian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 1): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Autor - Werk - Überlieferung — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51241#0031
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Johann Martin Thesz

und könnte für das griechische ρήτωρ verwendet worden sein, allerdings ist diese
Verwendungsweise sonst nicht belegt; zudem gibt es im Syrischen andere Wörter,
die als Übersetzung für das griechische ρήτωρ sicher belegt sind und die man daher
eher erwarten würde.16 Der im späten 6. Jahrhundert schreibende Kirchenhistoriker
Euagrios spricht mit Bezug auf Malalas nun tatsächlich von Johannes dem ρήτωρ,17
doch könnte es sich hierbei bloß um eine approximierende Übersetzung des syri-
schen Namens handeln. Für sich genommen erlaubt der Name also keine eindeutigen
Rückschlüsse auf die Tätigkeit und den Bildungshintergrund des Malalas.18 Immer-
hin scheint der Name darauf hinzudeuten, dass Malalas aufgrund seiner rednerischen
Fähigkeiten besonderes Ansehen genoss bzw. über eine rhetorische Bildung verfügte.
Vergleicht man nun aber die Sprache des Malalas mit dem attizistischen Griechisch
des zeitgenössischen Historiographen Prokop, dessen rhetorische Bildung ganz of-
fenkundig ist, so zeigen sich frappierende sprachliche Unterschiede, die zumindest
die Annahme nahelegen, dass der Bildungshintergrund des Malalas ein ganz ande-
rer gewesen sein muss. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Gattung der ,Chronik4
die sprachliche Ausdrucksform des Malalas bis zu einem gewissen Grad bestimmt
hat und weniger Gelegenheit für rhetorische Ausschmückung bot;19 doch scheinen
die sprachlichen Abweichungen von der gehobenen Literatursprache bei Malalas zu
stark, als dass man sie allein aus gattungsbedingten Erfordernissen der Darstellung
heraus erklären könnte.20 Diese Abweichungen umfassen z.B. die Verwendung der
Präpositionen21 sowie unklassische Formen, aber auch auf syntaktischer Ebene fin-
den sich bei Malalas Konstruktionen, die nach klassischen Maßstäben inkorrekt sind
und offenbar die lebendige Sprachentwicklung widerspiegeln.22 Außerdem finden sich
zahlreiche Parallelen zur Sprache der Septuaginta und des Neuen Testaments.
16 So Witakowski (1990), S. 306, Anm. 108.
17 Evagrius Scholasticus, Historia ecclesiastica III 28.
18 Krumbacher (1897), $■ 325 zufolge lässt sich aus dem Beinamen Malalas die Vermutung ableiten, dass
Malalas ein Prediger war; nach Hunger (1978), S. 319 lässt sich der Name Malalas sowohl im Sinne von
„Prediger“ als auch „Advokat“ verstehen; Croke (1990), S. 3 zieht aus dem Namen folgende Rück-
schlüsse hinsichtlich des Bildungshintergrunds des Malalas: „It would nevertheless seem that the au-
thor was distinguished by a title denoting a man of reasonable education in his day, at least well read in
the available instruction in rhetoric and possibly too in law. It was an education designed to equip one
for the mainstream of governmental or ecclesiastical service.“
19 Vgl. Croke (2001), S. 213 zur Sprache von Chroniken: „The language was simple and unadorned. It was
designed for direct communication of facts, not a striving after rhetorical effect.“
20 Hunger (1978), S. 323 spricht von einer „gehobene(n) Umgangssprache“, Krumbacher (1897), $■ 33° von
einer „naive(n) volkstümliche(n) Gräzität“. Einen Überblick über die sprachlichen Besonderheiten der
Chronik des Malalas bietet James (1990). Besonders wertvoll, was die Einordnung in die sprachge-
schichtliche Entwicklung anbelangt, sind die, wenn auch sehr knappen, Bemerkungen bei Horrocks
(2010), S. 245-251. Eine detailliertere Behandlung verschiedener Phänomene seiner Sprache bietet Wei-
erholt (1963).
21 Besonders auffällig ist die,Vertauschung' der Funktion der Präpositionen έν (mit Dativ), das von Mala-
las allativ verwendet wird, und εις (mit Akkusativ), das er lokativ gebraucht, vgl. Horrocks (2010), S. 246 f.
22 Vgl. hierzu insbesondere Helms (1971/1972), der in seiner Studie zur Nebensatzsyntax bei Malalas nach-
weist, dass die grammatikalischen Besonderheiten in dessen Chronik Erscheinungen vorwegnehmen,
die sich im Neugriechischen finden.
 
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