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Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki, Christine [Hrsg.]; Schulz, Fabian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 1): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Autor - Werk - Überlieferung — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51241#0056
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Miaphysitische Tendenzen bei Malalas?

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Skandal der Sergioskirche fälschlicherweise mit dem Konflikt des Jahres 547 zusam-
menlegt). Denn hier werden die Ankunft des Vigilius, seine Verurteilung des Menas
und die Wiederannahme desselben einleuchtend mit dem Wunsch des Kaisers ver-
bunden, die drei Kapitel zu verdammen und eine umfassende Kircheneinheit herzu-
stellen (Die Euphemiakirche fehlt auch hier).70
Der Malalastext hingegen bleibt im Hinblick auf die Strategie Justinians im Drei-
Kapitel-Streit sehr unklar.
Zusammenfassung
Der Text erwähnt kirchenpolitische Zusammenhänge in der Regel sehr knapp, meis-
tens ohne näher auf die inneren Zusammenhänge einzugehen. An theologischen Fra-
gen hat er kein Interesse. Er gibt auch keine vollständigen Listen über die Patriarchen
oder schildert die Konkurrenz der Patriarchate. Bewertungen als Nestorianer und auch
die Erwähnung, dass die Chalkedongegner auf die Nähe der Chalkedonanhänger zu
Nestorius verwiesen, erlauben nicht den Rückschluss, dass Malalas sich eine „miaphy-
sitische Perspektive“ zu eigen gemacht hat. Auch die knappen Notizen zu Severus las-
sen sich nicht als „günstige Perspektive“ verstehen, sie sind schlicht nichtssagend. Für
Justinian wird immerhin seine pro-chalkedonische Politik greifbar (und dies dürfte
erst recht der Fall sein, wenn das im Chronicon Paschale erhaltene Edikt aus Malalas
stammt), doch verfolgt Malalas dies nicht näher, insbesondere nicht die Bemühungen
Justinians, durch die Verurteilung der Drei-Kapitel eine für die Miaphysiten akzepta-
ble Gesamtlösung zu erreichen. Letzteres ist besonders bemerkenswert, da wir für den
Kampf zwischen Vigilius und Menas in den Tusculana Fragmenta auch einen Zeugen
für den unepitomierten Text haben. Es ist daher meiner Einschätzung nach absolut
unwahrscheinlich, dass am Ende des Werkes ein Abschnitt stand, wie ihn Thurn ans
Ende stellt und wonach es Gottes gnädigem Eingreifen zu verdanken ist, dass Jus-
tinians Edikt über den Aphthardoketismus keine größere Wirkung mehr entfalten
konnte.71 In die kirchengeschichtlichen Notizen des Malalas sollte man nichts hin-
eingeheimnissen.72 Sie enthalten einige wichtige Namen, vereinzelt auch interessante
Herkunftsangaben und Datierungen, sind aber ansonsten weder von einem bestimm-
ten kirchenpolitischen Interesse getragen noch kirchengeschichtlich weiter ergiebig.

70 Cf. Theophanes, Chronographia (225,12-28 de Boor).
71 Malalas, Chronographia XVIII152 (432,70-72 Thurn).
72 Dies gilt insbesondere für die Entwicklungen und Personen, die nicht erwähnt werden. Eine Auswer-
tung dieser Übergehungen als rhetorisch gezielte Taktik (so etwa Blaudeau (2006), S. 246 f.) entspricht
nicht dem Gesamtduktus der knappen Notizen zur kirchlichen bzw. theologischen Entwicklung.
 
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