Fragmentum Tusculanum II und die Geschichte eines Zankapfels
155
Inhalt und Bedeutung
Für die Rekonstruktion des Malalas-Texts sind die vier Fragmente, die aus den Bü-
chern 13,14 und 18 stammen, sehr wertvoll.7 Sie ergänzen den Textbestand und zeigen,
wie der Epitomator gearbeitet hat (was er änderte, wegließ oder sogar hinzufügte).
Außerdem erlauben sie, die Sekundärüberlieferung, also Autoren, die Malalas rezipie-
ren, damit abzugleichen, um ihren Wert für die Textkritik besser zu bestimmen.
Johannes Thurn bemerkt in den Fragmenten zahlreiche sprachliche Unterschiede
und schließt: „(...) dass eine deskriptive Grammatik des Malalas nur eine der epito-
mierten, späten Form sein kann.“8 Der Gebrauch der Präpositionen zeigt hingegen
wenig Auffälligkeiten.9
Fragment I (XIII 21-22) beginnt mit zwei Zeilen, die im Baroccianus fehlen; sie
handeln von den Wundern, die den von Julian angeordneten Tempelbau in Jerusalem
verhinderten und aus anderen Werken bekannt sind. Der Rest hat große Überschnei-
dungen, bietet aber zahlreiche Varianten auf Zeichenebene und ein paar Abweichun-
gen auf Wortebene.
Fragment II10 besteht aus zwei Teilen, so dass sich insgesamt eigentlich fünf Frag-
mente ergeben: Der Anfang des ersten Stücks stimmt mit dem Baroccianus überein
(XIII 45). Der folgende lange Teil, der von Johannes Chrysostomos handelt, fehlt im
Baroccianus (XIII 45a). Das zweite Stück, auf das ich noch genauer eingehen werde,
handelt hauptsächlich von Kaiserin Eudokia und davon, warum sie Konstantinopel
verließ (XIV 8-10). Der Bericht über ihren Aufenthalt in Antiochia fehlt im Barocci-
anus, findet sich aber im Chronicon Paschale (um 630),11 dessen Autor also einen voll-
ständigeren Malalas benutzt hat.12 Ähnlich verhält es sich mit einer langen Aufzäh-
lung von Herrscherattributen, die im Baroccianus stark verkürzt und in der slawischen
Überlieferung (10./11. Jh.) vollständiger erscheint.
Fragment III (XIV 20-26) entspricht dem Baroccianus in ganzer Länge; die Os-
ter chronik, hat hier nur wenige Zeilen. Abweichungen finden sich an einer Stelle über
den Bischof Nestorius, dessen Lehre auf dem Konzil von Chalkedon (451) ebenfalls
verworfen wurde.
Fragment IV (XVIII 106-112) zeigt, dass die Fragmenta Tusculana wie der Baroc-
cianus der sogenannten zweiten Redaktion der Malalas angehören, die bis zum Tod
Justinians im Jahr 465 reichte.13 Die Fragmenta bieten hier aber einen viel umfangrei-
cheren Text als der Baroccianus. Dort fehlen Angaben, die neben dem Ausbruch eines
Elefanten Details über das frühere Zerwürfnis zwischen Justinian und Papst Vigilius
7 „The Tusculan fragments are among the most valuable witnesses to the text of the original Malalas”,
urteilen Jeffreys et al. (1990), S. 251.
8 Thurn (2000), S. 10*.
9 Vgl. Rüger (1895) und die Rezension von Patzig (1896).
10 Von Thurn (2000), S. 270 fälschlich „Tusc. fragm. 3“ genannt.
11 Chronicon Paschale, ed. Dindorf, S. 585, Z. 9-16.
12 Vgl. dazu Gastgeber in diesem Band.
13 Meier/Schulz (in Vorbereitung).
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Inhalt und Bedeutung
Für die Rekonstruktion des Malalas-Texts sind die vier Fragmente, die aus den Bü-
chern 13,14 und 18 stammen, sehr wertvoll.7 Sie ergänzen den Textbestand und zeigen,
wie der Epitomator gearbeitet hat (was er änderte, wegließ oder sogar hinzufügte).
Außerdem erlauben sie, die Sekundärüberlieferung, also Autoren, die Malalas rezipie-
ren, damit abzugleichen, um ihren Wert für die Textkritik besser zu bestimmen.
Johannes Thurn bemerkt in den Fragmenten zahlreiche sprachliche Unterschiede
und schließt: „(...) dass eine deskriptive Grammatik des Malalas nur eine der epito-
mierten, späten Form sein kann.“8 Der Gebrauch der Präpositionen zeigt hingegen
wenig Auffälligkeiten.9
Fragment I (XIII 21-22) beginnt mit zwei Zeilen, die im Baroccianus fehlen; sie
handeln von den Wundern, die den von Julian angeordneten Tempelbau in Jerusalem
verhinderten und aus anderen Werken bekannt sind. Der Rest hat große Überschnei-
dungen, bietet aber zahlreiche Varianten auf Zeichenebene und ein paar Abweichun-
gen auf Wortebene.
Fragment II10 besteht aus zwei Teilen, so dass sich insgesamt eigentlich fünf Frag-
mente ergeben: Der Anfang des ersten Stücks stimmt mit dem Baroccianus überein
(XIII 45). Der folgende lange Teil, der von Johannes Chrysostomos handelt, fehlt im
Baroccianus (XIII 45a). Das zweite Stück, auf das ich noch genauer eingehen werde,
handelt hauptsächlich von Kaiserin Eudokia und davon, warum sie Konstantinopel
verließ (XIV 8-10). Der Bericht über ihren Aufenthalt in Antiochia fehlt im Barocci-
anus, findet sich aber im Chronicon Paschale (um 630),11 dessen Autor also einen voll-
ständigeren Malalas benutzt hat.12 Ähnlich verhält es sich mit einer langen Aufzäh-
lung von Herrscherattributen, die im Baroccianus stark verkürzt und in der slawischen
Überlieferung (10./11. Jh.) vollständiger erscheint.
Fragment III (XIV 20-26) entspricht dem Baroccianus in ganzer Länge; die Os-
ter chronik, hat hier nur wenige Zeilen. Abweichungen finden sich an einer Stelle über
den Bischof Nestorius, dessen Lehre auf dem Konzil von Chalkedon (451) ebenfalls
verworfen wurde.
Fragment IV (XVIII 106-112) zeigt, dass die Fragmenta Tusculana wie der Baroc-
cianus der sogenannten zweiten Redaktion der Malalas angehören, die bis zum Tod
Justinians im Jahr 465 reichte.13 Die Fragmenta bieten hier aber einen viel umfangrei-
cheren Text als der Baroccianus. Dort fehlen Angaben, die neben dem Ausbruch eines
Elefanten Details über das frühere Zerwürfnis zwischen Justinian und Papst Vigilius
7 „The Tusculan fragments are among the most valuable witnesses to the text of the original Malalas”,
urteilen Jeffreys et al. (1990), S. 251.
8 Thurn (2000), S. 10*.
9 Vgl. Rüger (1895) und die Rezension von Patzig (1896).
10 Von Thurn (2000), S. 270 fälschlich „Tusc. fragm. 3“ genannt.
11 Chronicon Paschale, ed. Dindorf, S. 585, Z. 9-16.
12 Vgl. dazu Gastgeber in diesem Band.
13 Meier/Schulz (in Vorbereitung).