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Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki, Christine [Hrsg.]; Schulz, Fabian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 1): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Autor - Werk - Überlieferung — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51241#0163
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Fabian Schulz

den Apfel gesandt und dies geleugnet zu haben. Der Kaiser ließ Paulinus hinrichten.
Eudokia fühlte sich schlecht behandelt und zog fort ins Heilige Land. Auf dem To-
tenbett schwor sie, der Vorwurfbezüglich Paulinus treffe nicht zu.
Der Text eröffnet viele Interpretationen; aus chalkedonischer Sicht ließ er sich
so deuten (Auslegungen kursiv): Eudokia schickt den Apfel Paulinus, als ob (ώς ist
doppeldeutig)38 es um dessen Freundschaft mit dem Kaiser ginge - also zur Tarnung.
In Wirklichkeit ist er ein Liebeszeichen. Paulinus schenkt den Apfel weiter, weil er die
Botschaft nicht versteht. Mit einem fremden Geschenk will er im Ansehen des Kaisers stei-
gen. Als der Kaiser Eudokia zur Rede stellt, leugnet und lügt sie, weil sie etwas Ernstes
zu verbergen hat. Der Kaiser hält Eudokia für die Initiatorin, Betrügerin und Übeltäte-
rin - zu Recht\ Dass er den unschuldigen Paulinus tötet, um sie zu bestrafen, ist grausam.
Eudokia fühlt sich schlecht behandelt - zu Unrecht. Überall weiß man, dass Paulinus
ihretwegen umgebracht worden ist; weiß aber nicht, dass dieser unschuldig war. Noch
auf dem Totenbett weist sie den Vorwurf des Kaisers, Paulinus geliebt zu haben, von
sich, eine Behauptung — der Leser kann sich denken: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.
Das Kaiserpaar erscheint also in schlechtem Licht: Theodosius ist mehr grausam
als gerecht, weil er den unschuldigen Paulinus umbringt, um die Kaiserin zu bestrafen.
Eudokia ist als potentielle Ehebrecherin aktiv. Sie hat Paulinus auf dem Gewissen.
Die Tuskulanischen Fragmente nuancieren die Geschichte, wie Scott und Patzig
übersehen haben,39 in zwei entscheidenden Punkten anders als der Baroccianus. Das
zweite Fragment setzt an der Stelle ein, als der Kaiser die Kaiserin durch die Prä-
sentation des Apfels Lügen straft. Die erste Abweichung betrifft die Vermutungen,
die Theodosius anstellt. Ich rekapituliere den Baroccianus: „Theodosius nahm an, diese
Kaiserin Eudokia habe aus Liebe ebendem Paulinus den Apfel zukommen lassen und
geleugnet“ - ύπονοήσας, ότι ώς έρώσα τώ αύτώ ΠαυΛίνω έπεμψεν αύτώ τό
μήλον καί ήρνήσατο. Eudokia ist in Theodosius’Vorstellung aktiv: Sie liebt, schickt
und leugnet.
In den Fragmenten geht es hingegen nur um das Lieben: αγαπάν:40 ύπενόησεν
τον αύτόν ΠαυΛΐνον [αγαπάν] αυτήν βασίλισσαν Ευδοκίαν ό Θεοδόσιος. Das
Agens lässt sich nicht so einfach bestimmen, da die Konstruktion doppeldeutig ist:
Paulinus und Eudokia können jeweils Subjektsakkusativ oder Objektsakkusativ sein.
Nimmt man Eudokia zum Subjekt, dann ändert sich inhaltlich nicht viel gegenüber
dem Baroccianus. Wählt man hingegen Paulinus, ist die Änderung signifikant.
Lässt sich das über die Frequenz der Wortstellung entscheiden? Bei Malalas fin-
den sich zahlreiche Stellen, in denen der Subjektsakkusativ im Acl zuerst steht.41 Dem
38 Bei ώς + Substantiv ist die modale Bedeutung häufiger als die kausale, vgl. Weierholt (1963), S. 69.
39 Patzig (1890), S. 6 übergeht die Varianten, auf die ich mich stütze. Gleiches gilt für die Übersetzungen.
40 Die Ergänzung von Mai wird durch die Inspektion der Handschrift bestätigt.
41 Prolog δει δέ καί τούς μετά ταύτα συγγράψασθαι τά Λοιπά άρετής χάριν. „Was noch kommt,
das müssen die Nachfolger tüchtigkeitshalber festhalten.“
13 ό δέ ό σοφός Σέρβιος είπεν τούτους εν βαθεία πεδιάδι δίάγοντας έσχηκέναι πόλεμον
μετά τινών εν τοΐς ύψηλοΐς όρεσιν (...) „Der weise Servius dagegen behauptet, diese hätten im
tiefen Tal gelebt und Krieg bekommen mit solchen, die auf den hohen Bergen lebten.“
 
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