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Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki, Christine [Hrsg.]; Schulz, Fabian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 1): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Autor - Werk - Überlieferung — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51241#0291
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Dariusz Brodka

Diese Geschichte wird durch zahlreiche Werke überliefert, die aber nur selten
beide Anekdoten enthalten.8 Die Auffassung des Nikephoros weist die größten Ähn-
lichkeiten gerade mit der des Malalas auf. Der Gang der Erzählung ist identisch und
darüber hinaus sind einige Übereinstimmungen im Wortlaut zu erkennen. In beiden
Fällen wird der Kontext angedeutet: Laut Malalas kam Augustus im 55. Jahr seiner
Herrschaft zur Orakelstätte, Nikephoros verallgemeinert hingegen die Situation mit
dem Hinweis auf das hohe Alter des Augustus. Bei beiden Autoren stimmen alle
Details überein: Augustus bringt zuerst eine Hekatombe zum Opfer, dann stellt er die
erste Frage, die von Pythia nicht beantwortet wird. So bringt er ein nächstes Opfer
dar und stellt die nächste Frage. Erst dann antwortet Pythia auf seine zweite Frage.
Die Antwort bei Nikephoros deckt sich fast wörtlich mit derjenigen bei Malalas. Es
gibt nur eine kleine Ausnahme: Bei Nikephoros steht έκ πρόδομων statt έκ πρόμων
am Ende der Aussage von Pythia. Beachtenswert ist hier besonders die Tatsache, dass
Nikephoros die ursprüngliche Malalas-Form Άιδος bewahrt, während dies in der
sonstigen Überlieferung verschiedenartig entstellt wird. Anschließend folgt in beiden
Werken die zweite Anekdote über den Altar auf dem Kapitol, wobei beide den Text
der lateinischen Inschrift übereinstimmend bieten.
In anderen Parallelüberlieferungen erscheinen verschiedene Abweichungen. Sy-
meon Magister et Logotheta, Leo Grammaticus und Kedrenos erwähnen weder die
Opfer noch die zweite Anekdote, und in der Antwort der Pythia erscheint eine be-
deutende Fehllesung: Bei diesen Chronisten erscheint nämlich eine entstellte Lesart
οδόν statt Άιδος. Beide Anekdoten erscheinen hingegen in der Suda, aber auch hier
ist auf trennende Unterschiede gegenüber Malalas und Nikephoros hinzuweisen: Nur
ein Opfer wird hier erwähnt, ohne aber zu präzisieren, dass es um eine Hekatombe
geht. Darüber hinaus antwortet Pythia sofort auf die erste Frage des Augustus. Be-
achtenswert ist auch die Überlieferung der Synopsis Chronike, die oft als ein Werk des
Theodoros Scutariotes betrachtet wird.9 Es geht also um einen sehr späten Text, des-
sen Entstehungszeit wahrscheinlich auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts fällt.
Die Synopsis Chronike kennt beide Anekdoten und beruft sich, ähnlich wie Malalas,
namentlich auf den Timotheos, was auf ihre direkte Abhängigkeit von Malalas hin-
weisen könnte. Die erste Anekdote weist aber bedeutende Abweichungen auf: Hier
werden keine Opfer erwähnt, Augustus stellt nur eine Frage (d.h. die erste), während
die Pythia diese erste Frage unverzüglich beantwortet. Ihre Antwort enthält auch ei-
nige entartete Lesarten: οδόν statt Άιδος und έκ δόμων statt έκ πρόμων. Es ist also
klar, dass auch die Synopsis Chronike nicht die Vorlage des Nikephoros sein konnte.10
8 Vgl. Suda A 4413s.v. Αύγουστος, Symeon Logothetes, Chronicon 50, 7, Leo Grammaticus, Chronogra-
phien yp 1-7, Cedrenus 320,17-22, Synopsis Chronike 25,11-20, Anecdota Graeca 2,276,35-277, yAnthologia
Palatina III484; gewisse Parallelen zum Malalas-Text gibt es auch in der sog. Theosophie von Tübingen
(Theosophia 1, 52 (S. 25 Beatrice)). Zu Timotheos, den Malalas als seine Vorlage nennt, vgl. Jeffreys
(1990), S. 195, Mecella (2013), S. 357ff
9 Zur Synopsis Chronike und ihrer Autorschaft vgl. Zafeiris (2007), S. 24 ff
10 Zum Ursprung dieses Orakels vgl. Busine (2005), S. 425; Brock (1984), S. 88, Mecella (2013), S. 357 ff, vgl.
auch Erbse (1941), S. 145.
 
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