i6 Laura Carrara, Olivier Gengler
Informationen mit ein, wie das laut Jeffreys im ausgedehnten Bericht über die Frie-
densverhandlungen mit den Persern (529-532 n.Chr.) der Fall 1st.42
Insgesamt neigt Jeffreys dazu, Bouriers Ergebnisse im Großen und Ganzen zu
bestätigen, wenn auch mit einigen Nuancen: Domninos, Nestorianos und Timotheos
habe Malalas als Hauptquellen verwendet; er habe jedoch nicht nur aus den Werken
dieser Autoren ausgewählt, was für seine Ziele relevant war, sondern auch vieles selbst
bzw. selbständig hinzugefügt. Für die Geschichte ab der Zeit Zenons ist Malalas, laut
Jeffreys, wahrscheinlich der Chronike Epitome des Eustathios von Epiphaneia gefolgt,
aber mit zahlreichen Ergänzungen aus mündlichen Quellen und Archivdokumenten,
zu welchen er amtlichen Zugang gehabt haben könnte (siehe oben). Im Gegensatz
zu den Vertretern der traditionellen Quellenforschung betont Jeffreys allerdings die
prominente Rolle des Malalas als aktiver Gestalter seines Werkes: „Overall one can
discern a homogeneity of interest and outlook (...) which reveals that Malalas was
controlling and adapting the material he took over“.43
Gerade über diesen letzten Punkt äußerte kürzlich Warren Treadgold in seinem
Buch über die früheren byzantinischen Historiker und in einem gleichzeitig veröf-
fentlichten Aufsatz eine konträre Meinung:44 Ihm zufolge handelt es sich bei der Ma-
lalas-Chronik um eine reine, sprachlich stark vereinfachte Abschrift des anspruchs-
vollen attizistischen Werkes des Eustathios von Epiphaneia; dementsprechend wären
laut Treadgold die vielen Quellenangaben Fälschungen und Malalas ein Betrüger.45
Treadgold liegt wahrscheinlich richtig, wenn er Eustathios als eine wichtige Quelle
des Malalas identifiziert;46 sicherlich abwegig ist jedoch seine Interpretation der Ma-
lalas-Chronik als „a fraud“. Nicht nur wirft die Hypothese mehr Fragen auf als sie
beantworten kann, sondern sie wird untermauert durch mancherlei Überinterpreta-
tionen und Missverständnisse. Die Fälschungshypothese setzt z.B. einen bestimmten
Rezeptionsrahmen voraus, innerhalb dessen Malalas mit einem solchen Verfahren
etwas hätte gewinnen können bzw. bei dem sein Publikum eine Leistung von ihm
erwartet hätte, die er anders zu erbringen nicht in der Lage gewesen wäre.47 Zudem
ist die Behauptung, Malalas habe durch Verweise auf erfundene Autoren sein „pla-
giarism“ von Eustathios verdecken wollen, völlig anachronistisch.48 Gewiss tritt die
Fehlerhaftigkeit der Malalas-Erzählung klar zu Tage, wenn es möglich ist, sie anhand
des Wortlautes der zitierten Quellen zu überprüfen. Allerdings macht eine genau Be-
trachtung dieser Stellen deutlich, dass Malalas nicht behauptet, die erwähnten Auto-
ren direkt verwendet oder gelesen zu haben. Das Argument ist nicht kasuistisch: Die
42 Jeffreys (1990), S. 209-211. Siehe ferner dazu den Beitrag von Jonas Borsch und Christine Radtki in
diesem Band.
43 Jeffreys (1990), S. 216.
44 Treadgold (2007a); Treadgold (2007b). In diesem Abschnitt werden einige bereits in Gengler (2016)
formulierte Beobachtungen übernommen.
45 Treadgold (2007a), S. 251; (2007b), S. 728-732.
46 Siehe dazu auch die Beiträge von Dariusz Brodka und Roger Scott in diesem Band.
47 Treadgold (2007a), S. 251-252 entwirft diesbezüglich ein ebenso lebhaftes wie unglaubwürdiges
Szenario.
48 Siehe besonders Treadgold (2007a), S. 252; Treadgold (2007b), S. 731-732.
Informationen mit ein, wie das laut Jeffreys im ausgedehnten Bericht über die Frie-
densverhandlungen mit den Persern (529-532 n.Chr.) der Fall 1st.42
Insgesamt neigt Jeffreys dazu, Bouriers Ergebnisse im Großen und Ganzen zu
bestätigen, wenn auch mit einigen Nuancen: Domninos, Nestorianos und Timotheos
habe Malalas als Hauptquellen verwendet; er habe jedoch nicht nur aus den Werken
dieser Autoren ausgewählt, was für seine Ziele relevant war, sondern auch vieles selbst
bzw. selbständig hinzugefügt. Für die Geschichte ab der Zeit Zenons ist Malalas, laut
Jeffreys, wahrscheinlich der Chronike Epitome des Eustathios von Epiphaneia gefolgt,
aber mit zahlreichen Ergänzungen aus mündlichen Quellen und Archivdokumenten,
zu welchen er amtlichen Zugang gehabt haben könnte (siehe oben). Im Gegensatz
zu den Vertretern der traditionellen Quellenforschung betont Jeffreys allerdings die
prominente Rolle des Malalas als aktiver Gestalter seines Werkes: „Overall one can
discern a homogeneity of interest and outlook (...) which reveals that Malalas was
controlling and adapting the material he took over“.43
Gerade über diesen letzten Punkt äußerte kürzlich Warren Treadgold in seinem
Buch über die früheren byzantinischen Historiker und in einem gleichzeitig veröf-
fentlichten Aufsatz eine konträre Meinung:44 Ihm zufolge handelt es sich bei der Ma-
lalas-Chronik um eine reine, sprachlich stark vereinfachte Abschrift des anspruchs-
vollen attizistischen Werkes des Eustathios von Epiphaneia; dementsprechend wären
laut Treadgold die vielen Quellenangaben Fälschungen und Malalas ein Betrüger.45
Treadgold liegt wahrscheinlich richtig, wenn er Eustathios als eine wichtige Quelle
des Malalas identifiziert;46 sicherlich abwegig ist jedoch seine Interpretation der Ma-
lalas-Chronik als „a fraud“. Nicht nur wirft die Hypothese mehr Fragen auf als sie
beantworten kann, sondern sie wird untermauert durch mancherlei Überinterpreta-
tionen und Missverständnisse. Die Fälschungshypothese setzt z.B. einen bestimmten
Rezeptionsrahmen voraus, innerhalb dessen Malalas mit einem solchen Verfahren
etwas hätte gewinnen können bzw. bei dem sein Publikum eine Leistung von ihm
erwartet hätte, die er anders zu erbringen nicht in der Lage gewesen wäre.47 Zudem
ist die Behauptung, Malalas habe durch Verweise auf erfundene Autoren sein „pla-
giarism“ von Eustathios verdecken wollen, völlig anachronistisch.48 Gewiss tritt die
Fehlerhaftigkeit der Malalas-Erzählung klar zu Tage, wenn es möglich ist, sie anhand
des Wortlautes der zitierten Quellen zu überprüfen. Allerdings macht eine genau Be-
trachtung dieser Stellen deutlich, dass Malalas nicht behauptet, die erwähnten Auto-
ren direkt verwendet oder gelesen zu haben. Das Argument ist nicht kasuistisch: Die
42 Jeffreys (1990), S. 209-211. Siehe ferner dazu den Beitrag von Jonas Borsch und Christine Radtki in
diesem Band.
43 Jeffreys (1990), S. 216.
44 Treadgold (2007a); Treadgold (2007b). In diesem Abschnitt werden einige bereits in Gengler (2016)
formulierte Beobachtungen übernommen.
45 Treadgold (2007a), S. 251; (2007b), S. 728-732.
46 Siehe dazu auch die Beiträge von Dariusz Brodka und Roger Scott in diesem Band.
47 Treadgold (2007a), S. 251-252 entwirft diesbezüglich ein ebenso lebhaftes wie unglaubwürdiges
Szenario.
48 Siehe besonders Treadgold (2007a), S. 252; Treadgold (2007b), S. 731-732.