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Jonas Borsch, Christine Radtki-Jansen
Verhandlungsführer werden beim Abschluss des Friedens folgerichtig Rufinus und
Hermogenes gemeinsam gefeiert (XVIII 76). Aus der wahrscheinlich auf Malalas zu-
rückgehenden Parallelüberlieferung bei Theophanes ist zu erfahren, dass Hermogenes
zu Beginn seiner beiden ersten Reisen in den Osten Malalas’ Heimatstadt Antiochia
aufsuchte.51 Als administrative Zentrale des Ostens war diese Stadt für den magister
zweifelsohne eine naheliegende Anlaufstelle. Angesichts des Umstandes, dass Her-
mogenes während des gesamten Verhandlungsprozesses offenbar über ausgedehnte
Zeiträume im ,Osten4 blieb und von dort aus die diplomatischen, teils auch militäri-
schen Aktivitäten organisierte, ist die Vermutung nicht allzu weit hergeholt, dass er
und sein Stab sich in diesem Kontext auch bei späteren Gelegenheiten, wenn nicht gar
dauerhaft, in Antiochia aufgehalten haben.52 Dies könnte der Weg gewesen sein, über
den Malalas seine Informationen über die diplomatischen Abläufe bezog.53 Nähere
Versuche, diesen Zugang zu definieren, bewegen sich notwendigerweise im Bereich
der Spekulation. Offensichtlich umschloss dieser Zugang jedoch die Möglichkeit, au-
thentisches Material bzw. dessen Inhalte einzusehen resp. zu erfahren. Da die von
Malalas miteinbezogenen Informationen ganz unterschiedlichen Charakters sind,
fällt die Annahme schwer, dass die Darstellung auf einer einzelnen Quelle basiert.
Was uns vorliegt, scheint nicht die Abschrift etwa eines Gesamtberichtes des Her-
mogenes oder eines seiner Mitarbeiter zu sein. Vielmehr finden sich hier verschiedene
Einzeldarstellungen und Briefe, vermischt mit von diesen unabhängigen Informati-
onen wie den Bewegungen der Gesandten oder den persischen Verhaltensmotiven,
die zusammengebracht und sprachlich wie strukturell in eine chronikalische Form
gegossen wurden. Gleichzeitig setzt die Darstellung ein grundlegendes Verständnis
der diplomatischen Abläufe und der Implikationen von eigentlich abseits des Ver-
handlungstisches liegenden Ereignissen für den Verlauf des Geschehens voraus.54
In hervorragender Weise offenbart sich im Detailreichtum und in der Kohärenz des
Berichtes die Qualität der Informationen, die Malalas über die Vorgänge um den
„Ewigen Frieden“ zur Verfügung standen. Im Vergleich zu einem - zweifelsohne
nicht schlecht informierten - Zeitgenossen wie Prokop verfügte Malalas mit Blick
auf diesen Friedensschluss also offenbar über einen privilegierten Zugang nicht nur
zu einzelnen Schriftstücken, sondern zu spezifischem Wissen über den Ablauf des
Geschehens. Die mündliche Herkunft solcher Informationen, so haben Debatten um
andere antike Schriften wie etwa Herodots Historien lange gezeigt, lässt sich selbst
dann nicht beweisen, wenn sie im Text dezidiert behauptet wird. Nichtsdestotrotz
51 Theophanes, Chronographia AM 6021 (S. 178, 21-22 de Boor); Theophanes, Chronographia AM 6022
(S. 180, 21-22 de Boor).
52 Vgl. auch De Ceremoniis I 89 (S. 400,15-18 Moffatt/Tall), wo es (als dauerhafte Vorgabe) heißt, der
magister officiorum solle ausländische Gesandte in Antiochia durch einen magistrianus empfangen las-
sen. Die Stadt spielte im byzantinischen Gesandtschaftsverkehr scheinbar eine hervorgehobene Rolle.
Dass es sich bei der genannten Stadt um Antiochias am Orontes handelt, zeigen Greatrex/Lieu (2002),
S. 275-276 Anm. 8; vgl. auch Nechaeva (2014), S. 37 Anm. 126.
53 So schon Jeffreys (1990), S. 210.
54 Zum persischen Boten Timotheus als mögliche Informationsquelle beispielsweise zu innerpersischen
Angelegenheiten siehe Greatrex (2016), S. 175.
Jonas Borsch, Christine Radtki-Jansen
Verhandlungsführer werden beim Abschluss des Friedens folgerichtig Rufinus und
Hermogenes gemeinsam gefeiert (XVIII 76). Aus der wahrscheinlich auf Malalas zu-
rückgehenden Parallelüberlieferung bei Theophanes ist zu erfahren, dass Hermogenes
zu Beginn seiner beiden ersten Reisen in den Osten Malalas’ Heimatstadt Antiochia
aufsuchte.51 Als administrative Zentrale des Ostens war diese Stadt für den magister
zweifelsohne eine naheliegende Anlaufstelle. Angesichts des Umstandes, dass Her-
mogenes während des gesamten Verhandlungsprozesses offenbar über ausgedehnte
Zeiträume im ,Osten4 blieb und von dort aus die diplomatischen, teils auch militäri-
schen Aktivitäten organisierte, ist die Vermutung nicht allzu weit hergeholt, dass er
und sein Stab sich in diesem Kontext auch bei späteren Gelegenheiten, wenn nicht gar
dauerhaft, in Antiochia aufgehalten haben.52 Dies könnte der Weg gewesen sein, über
den Malalas seine Informationen über die diplomatischen Abläufe bezog.53 Nähere
Versuche, diesen Zugang zu definieren, bewegen sich notwendigerweise im Bereich
der Spekulation. Offensichtlich umschloss dieser Zugang jedoch die Möglichkeit, au-
thentisches Material bzw. dessen Inhalte einzusehen resp. zu erfahren. Da die von
Malalas miteinbezogenen Informationen ganz unterschiedlichen Charakters sind,
fällt die Annahme schwer, dass die Darstellung auf einer einzelnen Quelle basiert.
Was uns vorliegt, scheint nicht die Abschrift etwa eines Gesamtberichtes des Her-
mogenes oder eines seiner Mitarbeiter zu sein. Vielmehr finden sich hier verschiedene
Einzeldarstellungen und Briefe, vermischt mit von diesen unabhängigen Informati-
onen wie den Bewegungen der Gesandten oder den persischen Verhaltensmotiven,
die zusammengebracht und sprachlich wie strukturell in eine chronikalische Form
gegossen wurden. Gleichzeitig setzt die Darstellung ein grundlegendes Verständnis
der diplomatischen Abläufe und der Implikationen von eigentlich abseits des Ver-
handlungstisches liegenden Ereignissen für den Verlauf des Geschehens voraus.54
In hervorragender Weise offenbart sich im Detailreichtum und in der Kohärenz des
Berichtes die Qualität der Informationen, die Malalas über die Vorgänge um den
„Ewigen Frieden“ zur Verfügung standen. Im Vergleich zu einem - zweifelsohne
nicht schlecht informierten - Zeitgenossen wie Prokop verfügte Malalas mit Blick
auf diesen Friedensschluss also offenbar über einen privilegierten Zugang nicht nur
zu einzelnen Schriftstücken, sondern zu spezifischem Wissen über den Ablauf des
Geschehens. Die mündliche Herkunft solcher Informationen, so haben Debatten um
andere antike Schriften wie etwa Herodots Historien lange gezeigt, lässt sich selbst
dann nicht beweisen, wenn sie im Text dezidiert behauptet wird. Nichtsdestotrotz
51 Theophanes, Chronographia AM 6021 (S. 178, 21-22 de Boor); Theophanes, Chronographia AM 6022
(S. 180, 21-22 de Boor).
52 Vgl. auch De Ceremoniis I 89 (S. 400,15-18 Moffatt/Tall), wo es (als dauerhafte Vorgabe) heißt, der
magister officiorum solle ausländische Gesandte in Antiochia durch einen magistrianus empfangen las-
sen. Die Stadt spielte im byzantinischen Gesandtschaftsverkehr scheinbar eine hervorgehobene Rolle.
Dass es sich bei der genannten Stadt um Antiochias am Orontes handelt, zeigen Greatrex/Lieu (2002),
S. 275-276 Anm. 8; vgl. auch Nechaeva (2014), S. 37 Anm. 126.
53 So schon Jeffreys (1990), S. 210.
54 Zum persischen Boten Timotheus als mögliche Informationsquelle beispielsweise zu innerpersischen
Angelegenheiten siehe Greatrex (2016), S. 175.