Metadaten

Carrara, Laura [Editor]; Meier, Mischa [Editor]; Radtki-Jansen, Christine [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0339
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
338

Fabian Schulz

samt suspekt.41 Dabei handelt es sich offensichtlich um ein Narrativ der Beglaubigung,
das sich auch in der Tübinger Theosophie findet.42 Aus der Spätantike haben sich zwar
tatsächlich mehrere Orakelinschriften erhalten;43 sie stellen aber nicht unbedingt un-
abhängige Zeugnisse dar, vielmehr wurden sie in Stein gehauen, um der ,Wahrheit4
nachzuhelfen. Nicht auszuschließen ist daher, dass es auf Kyzikos tatsächlich eine
Kirche gab, in der zu Malalas-Zeit der fabrizierte Spruch zu lesen war.
Im ersten Buch von Contra lulianum, dem monumentalen Werk Kyrills, das in der
ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts entstand und heute nur ungefähr zur Hälfte erhalten
ist, finden sich die Prophetien von Hermes Trismegistos ^Chronographia II 4) und Pla-
ton {Chronographia VII15) wieder;44 außerdem der Spruch des Sophokles, der bei Ma-
lalas ohne Quellenangabe erscheint (Chronographia II 14).45 Dieses Kyrill-Werk, das
von einem Team um Christoph Riedweg gerade neu editiert worden ist, hatte einen
polemischen Charakter.46 Hat Malalas es direkt benutzt? Das ist schon in Anbetracht
der Abweichungen, die Anne-Marie Bernardi notiert hat, unwahrscheinlich.47 Hinzu-
kommt, dass Kyrill, anders als Malalas, den Titel Timaios nicht nennt, und was wohl
am schwersten wiegt: Beide Hermes-Sprüche des Malalas, die wie gesagt am besten
und vollständigsten bei dem Chronicon Paschale bezeugt sind (vgl. Anm. 28 und Anm.
29), scheinen aus Kyrill förmlich zusammengestückelt zu sein.
Die erste Prophetie der Chronik setzt sich aus vier Sprüchen zusammen, die Con-
tra lulianum separat zitiert und nicht demselben Buch von Hermes’ Schrift zuweist;48
die zweite Prophetie besteht aus einem Spruch und einer Glosse, die sich bei Kyrill
auf Orpheus beziehen:49 Erbse setzt deshalb zu Recht eine Orakelsammlung als Zwi-
schenquelle an.50

41 Agusta-Boularot (2006), S. 103-105,112 und 132.
42 Vgl. Tübingen Theosophie §53 Erbse.
43 Robert (1968).
44 Malalas, Chronographia II 4: Cyrillus, Contra lulianum I 46, 1-6, 9-12; 48, 14-23; 49, 9-12; Malalas,
Chronographia VII15: Cyrillus, Contra lulianum I 47,5-9.
45 Malalas, Chronographia II14: Cyrillus, Contra lulianum I 44,12-21.
46 Malley (1978).
47 Bernardi (2004), S. 55 Anm. 11: „Mais Cyrille attribue un des fragments concernes (I 46) ä
Orphee, non ä Hermes; en outre, il mentionne (I 41) lepithete Trismegiste, sans lexpliquer, tandis que
Malalas la relie ä la revelation de laTrinite“.
48 Aus dem dritten Buch des Contra Asclepium·. Cyrillus, Contra lulianum 149,8-12; 48,14-19,20-23; nicht
dem dritten Buch zugewiesen: Cyrillus, Contra lulianum I 46, 9-12.
49 Orpheus-Spruch: Cyrillus, Contra lulianum I 46,1-4, Glosse: 5-6. Sollte der Spruch so noch eindeuti-
ger wirken? Da auch an anderen Stellen der Chronik Sprüche mit Glossen kommentiert werden, be-
sonders in Malalas, Chronographia IV 7, könnte man den Malalas-Text in II4 auch anders als Thurn und
Dindorf interpungieren, um vom Spruch eine Glosse zu trennen.
50 Vgl. Anm. 64.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften