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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0345
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Fabian Schulz

hätte (vgl. Anm. 14), was vor Kyrill schwer vorstellbar ist. Natürlich gab es schon vor
dem 5. Jahrhundert Theologen, die pagane Orakeltexte umzudeuten versuchten; die
Ablehnung herrschte aber vor (siehe oben Abschnitt 1). Die Thulis-Episode bietet,
wie oben gezeigt, eine Kontrastfolie zu Petissonios und Augustus, was eher auf die
Autorenschaft des Timotheos schließen ließe.
Es ergibt sich: Die allermeisten Quellen, die Malalas für das theosophische Ma-
terial anführt, scheinen indirekt zu sein. Timotheos ist zweifellos eine direkte Quelle,
aber nicht unbedingt für alles. Ungenannte direkte oder indirekte Quelle sind theo-
sophische Orakelsammlungen. Material, das auf theosophischen Quellen basieren
könnte, findet sich bis Buch X der Chronographia. Das Material ist uns heute in ver-
schiedenen Sammlungen erhalten. Dafür, dass es vor Malalas eine einzige Sammlung
gab, die die Mehrzahl der Sprüche enthielt, gibt es {pace Beatrice und Brock) keine
sicheren Hinweise.
j.j Rahmenquellen
Im Folgenden wollen wir den Rahmen untersuchen, in den das theosophische Mate-
rial gebettet ist. Das soll einen Einblick in die Arbeitsweise von Malalas (bzw. seiner
Vorlage) eröffnen. Wir beginnen wieder mit den Quellen, die explizit genannt werden,
und kommen dann auf die ungenannten Quellen zu sprechen. Wo Malalas’ Sprüche
keiner direkten Quelle zugewiesen sind und sich keine finden lässt, ist natürlich zu
überlegen, ob die Rahmenquelle auch die Weissagungen geliefert haben kann.
3.3.1. Rahmenquelle laut Malalas
Im weiteren Kontext der Sprüche werden Manetho und Sotates {ChronographiaVt 2),
Kephalion {Chronographia II 14) und Apollonios {ChronographiaVC 9) genannt. Um
mit letzterem zu beginnen: Am Ende der beiden Kapitel über die Argonauten {Chro-
nographia IV 8 und 9) beruft sich Malalas auf die Darstellung von Apollonios „dem
Historiographen“.79 Damit scheint Apollonios Rhodios (Dichter des 3. Jahrhundert
v.Chr.) gemeint zu sein, der als direkte Quelle aber unmöglich in Frage kommt:79 80 In
der Kyzikos-Episode seiner Argonautica fehlt vom christlichen Orakel natürlich jede
Spur.81 Mit dem Orakel, das Apollon den Argonauten auf Kyzikos gibt, hebt sich
die Chronik markant von den älteren Paralleltexten ab. Theodotos von Ankyra, der
früheste Autor, der das Orakel bezeugt,82 verbindet es mit Athen und zwar mit dem
Altar des unbekannten Gottes, der sich dort laut der Apostelgeschichte befand und
von Paulus in einem Aufruf zur Bekehrung benutzt wurde (Actus Apostolorum 17,
79 Malalas, Chronographia IV 9 (S. 56, 24 Thurn) „Dies beschrieb der sehr weise Apollonios, der
Historiograph (ό ιστορικός)“.
80 Jeffreys (1990b), S. 173.
81 Apollonius Rhodius, Argonautica I 936-1152. Zur Rezeption der Episode bei Valerius Flaccus vgl.
Manuwald (1999).
82 Theodotus, Oratio in Sanctam Mariam Dei Genitricem 14 (S. 224,18-39 Jugie).
 
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