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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0348
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Theosophische Weissagungen bei Malalas

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Mythos, wonach Teiresias den Menschen Geheimnisse offenbarte (und deshalb von
den Göttern geblendet wurde),94 hier Sophokles in den Mund gelegt zu sein, um als
Überleitung bzw. Aufhänger des Spruchs zu dienen.95 Alles scheint also aus einer Fe-
der zu stammen. Wenn Malalas oder seine Vorlage den Spruch zu einer correct™ des
Teiresias macht, ist das jedenfalls innovativ. Denn keiner der zahlreichen Autoren, die
die Sophokles-Prophetie vorher verwendeten, kontextualisierte sie so.96 Außerdem ist
der Prophet sonst nicht Sophokles, sondern Teiresias selbst.97
3.3.2 Ungenannte Rahmenquelle: Ein Text ä la Excerpta Latina Barb aril
Der chronologische Rahmen mancher theosophischer Sprüche (etwa zu Beginn des
zweiten Buchs98 und weiter in Chronographia III 13") weist Ähnlichkeiten mit den
Excerpta Latina Barbari und der Alexandrinischen Weltchronik auf, die auf eine gemein-
same Quelle hindeuten. Hat Malalas dort auch die entsprechenden Weissagungen
gefunden? Das ist unwahrscheinlich, weil sich in den Excerpta Latina Barbari und der
Alexandrinischen Weltchronik kaum Orakel und Prophetien finden.100 Folglich sollte
man die Excerpta nicht mit Timotheos gleichsetzen (der sie freilich benutzt haben
könnte).101 Beatrice identifiziert die Excerpta Latina Barbari mit der verlorenen Kurz-
Chronik, die die Theosophie beschloss, was in Anbetracht unserer dürftigen Informa-
tionen spekulativ bleibt.102
Elizabeth Jeffreys hat durch eine Untersuchung des Kontexte wahrscheinlich ge-
macht, dass Malalas den Hermes-Passus {Chronographia II 4) nicht aus seiner narrati-
ven Vorlage (d.h. einem Text wie die Excerpta Latina Barbari) übernommen, sondern
selbst aus einer theosophischen Orakelsammlung hinzugefügt hat:103 Darauf deute
94 BNJ3 F 92a und dazu Morison (2011).
95 Anders Bourier (1900), S. 35: der Autor polemisiere gegen Sophokles (bis έγένετο); dann folge völlig
unvermittelt die Lehre des Sophokles über Gott als Schöpfer; unter dem φησίν sei nicht Sophokles
gemeint, sondern die direkte oder indirekte Quelle des Malalas: Timotheos oder Kyrill.
96 Für die Angaben zu der zahlreichen Parallelüberlieferung siehe Erbse (1995), S. 108.
97 Bernardi (2011).
98 Jeffreys (1990a), S. 131: „Geizer ([1885], Bd. 1, S. igiff.) demonstrates that Malalas here reflects closely a
text like the Excerpta Barbari (284-6) and that both passages preserve Africanus’ resume of Manetho“.
Frick (1892), S. CLXXII führte diesen Passus in seiner Gegenüberstellung von Excerpta Latina Barbari
und Malalas nicht auf; über das Verhältnis dieser Passage zu Malalas siehe auch Burgess (2013), S. 18.
99 Vgl. Patzig (1901), S. 603 zum Verhältnis zu Excerpta Latina Barbari S. 3, 9 Frick.
100 Die Alexandrinische Weltchronik enthält nur eine Liste biblischer Propheten, vgl. Bauer/Strzygowski
(1906), Tafel III.
101 Jeffreys (1990a), S. 165: „there are moments when one is tempted to speculate that this text [scil. Excerpta
Latina Barbari} is to be equated with the otherwise unknown Timotheos - but this is unprovable“.
102 Beatrice (2001), S. xix, Ivii-lviii. In der Einleitung der Tübinger Theosophie heißt es nämlich: „Gegen
Ende der Buchrolle platziert er {scil. der Verfasser der Theosophie) eine äußerst komprimierte chronolo-
gische Übersicht von Adam bis in die Zeiten Zenons, in der er auch mit Bestimmtheit behauptet, dass
nach der Erfüllung von 6000 Jahren das (Welt-)Ende kommen werde“ (Theosophia Tubingesis § 2 Erbse
= Epitome 2 Beatrice).
103 Jeffreys (1990b), S. 183: „Malalas’ reference to Hermes, and the quotation of the oracle, occurs after a
,mentioned above' phrase, which Bourier (1899,1, S. 9-19) has shown convincingly is elsewhere used by
Malalas to mark a break between one source and another; in this section of Books I and II Malalas is
 
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