Mythen, Monumente und Memorialkultur: die ,Corporate Identity* der gens Fabia
erklärten. Daraufhin ließ Marcellus den Tempel für Honos um einen Anbau erweitern,
und der neue Doppeltempel für Honos et Virtus - mitsamt der dort nun zur Schau ge-
stellten Beutekunst aus Syrakus - wurde dann nach seinem Tod von seinem gleichnami-
gen Sohn 205 geweiht. Leider wissen wir nicht, wie der Cunctator auf diese Uber- oder
Aneignung (oder in moderne Metapher gekleidet: feindliche Übernahme) seines alten
Tempels durch seinen größten Konkurrenten um den Vorrang als Feldherr des großen
Krieges reagierte - man darf allenfalls vermuten, dass er als einflussreiches Mitglied des
Pontificalkollegiums an dem erwähnten Einspruch maßgeblich beteiligt war.25
Auf andere Weise waren Fabier einer zweiten Linie an der Entwicklung und Aus-
gestaltung der monumentalen Medien der Selbstdarstellung beteiligt. Zunächst hat
ein C. Fabius sich das Cognomen ,Pictor erworben, indem er den bereits erwähnten
Tempel der Salus (reipublicae) mit Wandgemälden ausschmückte und diese auch noch
mit seinem Namen signierte. Möglicherweise war dieses Werk ein frühes Beispiel
jener Historien-, bzw. Schlacht- und Triumphalgemälde, die - wie die Stiftung von
Tempeln ex manubiis, in denen diese Kunstwerke regelmäßig ausgestellt wurden - im
Laufe des 3. Jahrhunderts gewissermaßen in Mode kamen.26
Das berühmte Wandgemälde aus einem Grab auf dem Esquilin, das allgemein als
Fabier-Fresko bezeichnet wird und das noch in das frühe 3. Jahrhundert datiert, gibt
einen unmittelbaren Eindruck von den einschlägigen Bildthemen und -formeln. Es
zeigt offenbar Szenen aus den Samnitenkriegen, in denen der erwähnte Rullianus, der
Sieger von Sentinum 295, die vielleicht wichtigste Rolle spielte - entweder er selbst
oder auch sein Sohn Maximus Gurges, Consul 292 und Proconsul im folgenden Jahr,
als ihm die Gefangennahme des samnitischen Feldherrn C. Pontius gelang und ihm
ein Triumph gewährt wurde, dürfte der rechts stehende ,QiFabius‘ sein, der in beiden
Registern eine Lanze in der Hand hält. Ihm wendet sich ein ,M. Fannius‘ zu - wohl
ein samnitischer Feldherr, zunächst mit einem typischen Helm ausgestattet und dar-
unter dann unbewaffnet dargestellt. Offensichtlich ist der Kampf um die Stadt, deren
Mauern im oberen Register zu sehen sind, bereits zu Ende - oder soll gar nicht erst
begonnen werden: Einerseits sind nämlich die Gestalten in ziviler Kleidung auf den
Zinnen der Mauer ebenfalls unbewaffnet, und andererseits geht der Führer in beiden
Registern auf den Feldherrn zu und streckt ihm die rechte Hand entgegen - eine
Geste, die wahrscheinlich einen Appell an die fides des populus Romanus und seines
Imperiumsträgers, also eine Kapitulation und Übergabe der Stadt in der rituellen
Form einer deditio infidem darstellen soll.27
25 Cicero, de Natura deorum II 61; Livius, ab Urbe condita XXVII 25,7-10, vgl. XXV 40,2-3; XXIX 11,13;
Valerius Maximus, Facta et Dicta memorabilia I 1,8; Plutarchus, Marcellus 28,1. Siehe dazu D. Palombi,
s.v. Honos et Virtus, aedes, LTUR 3 (1996) S. 31-33, mit weiteren Nachweisen; McDonnell (2006)
S. 219-225.
26 Cicero, Tusculanae disputationes I 4; Plinius, Naturalis bistoria XXXV 19; Valerius Maximus, Facta et
Dicta memorabilia VIII 14,6, vgl. bereits Münzer (1909), Sp. 1835-1836 und dazu Walter (2004), S. 230-
231. Siehe dazu grundlegend Hölscher (1978), S. 344-346.
27 Siehe dazu Hölkeskamp (2000/2004), S. 123-124 sowie bereits Hölscher (1978), S. 346-348.
erklärten. Daraufhin ließ Marcellus den Tempel für Honos um einen Anbau erweitern,
und der neue Doppeltempel für Honos et Virtus - mitsamt der dort nun zur Schau ge-
stellten Beutekunst aus Syrakus - wurde dann nach seinem Tod von seinem gleichnami-
gen Sohn 205 geweiht. Leider wissen wir nicht, wie der Cunctator auf diese Uber- oder
Aneignung (oder in moderne Metapher gekleidet: feindliche Übernahme) seines alten
Tempels durch seinen größten Konkurrenten um den Vorrang als Feldherr des großen
Krieges reagierte - man darf allenfalls vermuten, dass er als einflussreiches Mitglied des
Pontificalkollegiums an dem erwähnten Einspruch maßgeblich beteiligt war.25
Auf andere Weise waren Fabier einer zweiten Linie an der Entwicklung und Aus-
gestaltung der monumentalen Medien der Selbstdarstellung beteiligt. Zunächst hat
ein C. Fabius sich das Cognomen ,Pictor erworben, indem er den bereits erwähnten
Tempel der Salus (reipublicae) mit Wandgemälden ausschmückte und diese auch noch
mit seinem Namen signierte. Möglicherweise war dieses Werk ein frühes Beispiel
jener Historien-, bzw. Schlacht- und Triumphalgemälde, die - wie die Stiftung von
Tempeln ex manubiis, in denen diese Kunstwerke regelmäßig ausgestellt wurden - im
Laufe des 3. Jahrhunderts gewissermaßen in Mode kamen.26
Das berühmte Wandgemälde aus einem Grab auf dem Esquilin, das allgemein als
Fabier-Fresko bezeichnet wird und das noch in das frühe 3. Jahrhundert datiert, gibt
einen unmittelbaren Eindruck von den einschlägigen Bildthemen und -formeln. Es
zeigt offenbar Szenen aus den Samnitenkriegen, in denen der erwähnte Rullianus, der
Sieger von Sentinum 295, die vielleicht wichtigste Rolle spielte - entweder er selbst
oder auch sein Sohn Maximus Gurges, Consul 292 und Proconsul im folgenden Jahr,
als ihm die Gefangennahme des samnitischen Feldherrn C. Pontius gelang und ihm
ein Triumph gewährt wurde, dürfte der rechts stehende ,QiFabius‘ sein, der in beiden
Registern eine Lanze in der Hand hält. Ihm wendet sich ein ,M. Fannius‘ zu - wohl
ein samnitischer Feldherr, zunächst mit einem typischen Helm ausgestattet und dar-
unter dann unbewaffnet dargestellt. Offensichtlich ist der Kampf um die Stadt, deren
Mauern im oberen Register zu sehen sind, bereits zu Ende - oder soll gar nicht erst
begonnen werden: Einerseits sind nämlich die Gestalten in ziviler Kleidung auf den
Zinnen der Mauer ebenfalls unbewaffnet, und andererseits geht der Führer in beiden
Registern auf den Feldherrn zu und streckt ihm die rechte Hand entgegen - eine
Geste, die wahrscheinlich einen Appell an die fides des populus Romanus und seines
Imperiumsträgers, also eine Kapitulation und Übergabe der Stadt in der rituellen
Form einer deditio infidem darstellen soll.27
25 Cicero, de Natura deorum II 61; Livius, ab Urbe condita XXVII 25,7-10, vgl. XXV 40,2-3; XXIX 11,13;
Valerius Maximus, Facta et Dicta memorabilia I 1,8; Plutarchus, Marcellus 28,1. Siehe dazu D. Palombi,
s.v. Honos et Virtus, aedes, LTUR 3 (1996) S. 31-33, mit weiteren Nachweisen; McDonnell (2006)
S. 219-225.
26 Cicero, Tusculanae disputationes I 4; Plinius, Naturalis bistoria XXXV 19; Valerius Maximus, Facta et
Dicta memorabilia VIII 14,6, vgl. bereits Münzer (1909), Sp. 1835-1836 und dazu Walter (2004), S. 230-
231. Siehe dazu grundlegend Hölscher (1978), S. 344-346.
27 Siehe dazu Hölkeskamp (2000/2004), S. 123-124 sowie bereits Hölscher (1978), S. 346-348.