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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
V. Memoria unter Justinian
DOI Kapitel:
Gengler, Oliver: Memoria und Gesetzgebung: Vergangenheit und Gegenwar in den Justinianischen Novellen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0242
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Memoria und Gesetzgebung: Vergangenheit und
Gegenwart in den Justinianischen Novellen*
Olivier Gengier

Abstract A number of Justinians Novellae have been noted for their historical references, the
source of which Tony Honoré asserts to be the erudition of the quaestor Tribonian. This pa-
per shows that these references were part of Justinian’s strategy of building a Roman imperial
memoria, to give his empire’s power a new, greater dimension after Africa’s (re)conquest from
the Vandals. Rather than providing a justification for the reform of provincial Administration
laid out in the relevant constitutions, the historical references were determined by the present
context and aim to reaffirm the Roman identity of the Empire.
In den Vorworten zu zahlreichen Gesetzen des Kaisers Justinian werden adminis-
trative Änderungen anhand von Argumenten diskutiert, die sich auf die Vergangen-
heit beziehen. Dabei entsteht ein Geschichtsbild, das zur Prägung und Verbreitung
der memoria im Römischen Reich der justinianischen Zeit signifikant beigetragen hat.
Die memoria unterscheidet sich von der Geschichte als Darstellung der Vergangen-
heit dadurch, dass sie jemandem gehört (einem Individuum bzw. einer Gruppe) und
grundsätzlich selektiv ist. Das universalistische Ziel der Geschichte wiederum führt
diese zwangsläufig zur Vollständigkeit, wenngleich nur theoretisch. Der Begriff der
memoria schildert also eine besondere Art, die Gegenwart mit der Vergangenheit zu
verbinden.
In diesem Beitrag möchte ich zeigen, wie die Elemente der Vergangenheit, die
in bestimmten legislativen Texten auftreten, eine memoria des Römischen Reiches
aufbauen, die die kaiserliche Ideologie zu einem Zeitpunkt widerspiegelt, zu dem Jus-
tinian vielversprechende Erfolge feierte.1 Die weite Verbreitung dieser Texte, ihre
Anpassung an unterschiedliche Zielgruppen und ihre Kohärenz zeigen, dass sie das
Medium einer abgestimmten Propaganda waren.
Die betroffenen Gesetze bilden eine zusammenhängende Gruppe und zielen da-
rauf ab, die administrative Organisation einiger Provinzen zu reformieren. Sie zeich-
* Für ihre Hilfe und Hinweise bin ich meinen Kollegen der Malalas-Forschungstelle Jonas Borsch und
Laura Carrara, unseren Hilfskräften Christine Mack und Isaac Smith sowie meiner Frau Dagmar
Schenk sehr dankbar.
i Zu diesem Aspekt siehe Hunger (1964). Mit Recht betont Dillon (2015), S. 341, dass „the imperial con-
stitutions of the Later Roman Empire are not only legal documents that demand carefül reading and
interpretation, but also consciously rhetorical formulations intended to impress and persuade us.“ -
wobei unter „us“ eher die ursprünglichen Adressaten der Gesetzgebung zu verstehen sind.
 
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