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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Editor]; Gengler, Olivier [Editor]; Meier, Mischa [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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II. Memoria und Kaisertum
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Mecella, Laura: Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0088
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Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege

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parthischen Königs Pakoros (Έξηδάρης und Παρθαμάσιρις) anzulasten 1st,16 wird
stattdessen einem persischen Einfall in römisches Gebiet zugeschrieben, für den jede
Erklärung fehlt.17 Der parthische König Όσδρόης wird König der Armenier genannt.
Allgemein gestaltet sich die Identifizierung der Mitglieder des Königshauses schwie-
rig: Σανατρούκιος zum Beispiel ist nur schwer identifizierbar, da für denselben
Zeitraum zahlreiche gleichnamige Personen bekannt sind;18 und Παρθεμασπάτης,
der in der Erzählung des Cassius Dio erst zum Zeitpunkt der Inthronisation seitens
Trajans in Ktesiphon erwähnt wird, ist hier einerseits entscheidend für den Ausgang
des Konfliktes und wird andererseits vielleicht auch mit Παρθαμάσιρις verwechselt,
da er als armenischer Prinz vorgestellt wird.19 Ohne Anspruch auf die Lösung der
zahlreichen Probleme (auch im Zusammenhang mit der Rekonstruktion des Feld-
zuges) erheben zu wollen, sei nur erwähnt, dass es, wie bereits andere unterstrichen
haben, mit derzeitigem Wissensstand unmöglich ist, für diese Periode einen exak-
ten Stammbaum der Arsakiden zu erstellen.20 Schließlich muten auch die angebliche
Etablierung einer persischen Besatzungsmacht Antiochias und der Massenmord an
den Persern vollkommen unwahrscheinlich an.21
In der Vergangenheit ist vor allen Dingen dem letzten Punkt viel Aufmerksamkeit
entgegengebracht worden. Insbesondere hat man versucht, die möglichen Vorlagen
der Erzählung ausfindig zu machen. Die traditionelle These, wie sie von Gutschmid
vorschlägt, sieht in dem Bericht eine Spiegelung der persischen Angriffe im 3. Jahr-
hundert: Malalas (oder, besser gesagt, seine Quelle) habe der Herrschaft Trajans ein
Ereignis zugeschrieben, das fast ein Jahrhundert später stattfand, und habe es mit der
für ihn typischen Erfindungsgabe neu ausgearbeitet. Man könnte also an die bereits

16 Beim Treffen von Elegeia im Jahr 114 beendete Trajan die Angelegenheit auf brutale Weise, indem er
beschloss, Armenien in das römische Herrschaftsgebiet einzugliedern: siehe dazu jetzt die Analyse von
Traina'Kéfclian (im Druck).

17 Contra Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 275-276 und 279-281 (teilweise gefolgt von Debevoise
(19692), S. 235), laut dem ein ortsansässiger parthischer Adeliger, Mithradates (der bei Malalas zu Με-
ερδότης wird), als Führer Mesopotamiens gemeinsam mit dem Sohn Σανατρούκίος im Jahr 113
tatsächlich überraschend das Eufratgebiet angegriffen habe: korrekt sind hier aber die Einwände von
Longden (1931), S. 33 und Guey (1937), S. 45-47· Siehe auch Dierauer (1868), S. 177-180, in Anm.; Long-
den (1931), S. 18-19; Guey (1937), S. 33-34,123-125 und Karras-Klapproth (1988), S. 75 {Meherdotes), 157-
158 {Sanatrukes) für die Diskussionen über die mögliche Identifizierung des Μεερδότης.

i8 Siehe die Diskussion bei Longden (1931), S. 17-18; Frye (1984), S. 241-242; Sartre (2001), S. 631 Anm. 107.

19 So bereits Lagarde (1866), S. 228 (mit einem Verweis auf die Ausgabe von Chilmead) und Schenk Graf
von Stauffenberg (1931), S. 274 und 276, der auf den bedenkenswerten Umstand aufmerksam macht,
dass die Verwechslung zwischen Παρθεμασπάτης und Παρθαμάσιρις auch in der Historia Au-
gusta vorkommt: Parthamasirin, quem Traianus Parthis regem fecerat, quod eum non magni ponderis apud
Partbos videret,proximisgentibus dedit [seil. Hadrianus] regem {Vita Adriani5,4). Gerade dieses Missver-
ständnis habe seiner Ansicht nach Malalas (oder seine Quelle) dazu gebracht, aus Όσδρόης einen
armenischen König zu machen; siehe auch Thommen (2010), S. 291.

20 Siehe bes. Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 268-269; Frye (1984), S. 242. Vgl. auch Karras-Klapp-
roth 1988, S. 42-43 {Axidares), 114-118 {Osroes), 123-125 {Pakoros II), 128-129 {Parthamasiris), 130-131
{Parthamaspates).

21 Das Ereignis findet sich auch in der Kirchengeschichte {Historia ecclesiastica III 23) von Nikephoros
Kallistos Xanthopulos wieder, der hier aber wahrscheinlich direkt auf Malalas zurückgreift: siehe
Brodka (2016), S. 291-294.
 
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