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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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II. Memoria und Kaisertum
DOI Kapitel:
Mecella, Laura: Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0090
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Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege

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den Weihriten, die nach dem Erdbeben gefeiert werden sollten. Demnach spiele der
Stab auf den baresman an, ein Astbündel, wie es die mazdaistischen Priester während
der heiligen Feiern verwenden. Um also dem Rat des Gottes Folge zu leisten, habe
Trajan angeordnet, die Stadt nicht nur durch Lorbeerscheiterhaufen und Trommel-
klänge, sondern auch durch mazdaistische Riten zu reinigen, durch die die für das
Erdbeben verantwortlichen bösen Geister vertrieben werden sollten. Mit dem Begriff
βαρζαμανάτας, der in Malalas’ Erzählung vorkommt, sei kein militärisches Amt ge-
meint, wie es traditionell interpretiert wird und wie es Malalas selbst sagt, sondern eine
Anspielung auf den heiligen Gegenstand baresman·, die Personen der zwei persischen
Führer seien östliche Priester, die mit der Zeremonie betraut worden seien, während
die Namen Φούρτων und Γάργαρις die Dämonen bezeichneten, die für die Tragödie
verantwortlich und zum Zwecke der Austreibung angerufen worden seien.
Die Erzählung des Malalas mag kryptisch und fantasievoll erscheinen, aber diese
Rekonstruktion ist es trotz ihrer zweifellos faszinierenden Elemente wohl ebenso. Zu-
nächst ist nicht nachvollziehbar, wie sich hinter den Personen der βαρζα μα νότας
Φούρτων und Γάργαρις gleichzeitig sowohl die mit der heiligen Zeremonie be-
trauten Priester als auch die für das Erdbeben verantwortlichen Dämonen verber-
gen können. Und auch die Anbindung an den Ausdruck baresman scheint nicht auf
sehr soliden Grundlagen zu fußen.26 Obwohl Malalas’ *βαρζαμανάτης ein hapax
legomenon ist, kann man darin wahrscheinlich die griechische Transposition des weit
verbreiteten Titels marzbän (frühparthisch marzpän) erkennen, der etymologisch vom
altiranischen "marza-päna- (wörtlich „Grenzbeschützer“, „Herrscher des Grenzgebie-
tes“) abgeleitet ist: Die Metathese der Konsonanten p und m im Lauf der Überliefe-
rung bereitet keine großen Schwierigkeiten.27 Obwohl die ersten Hinweise auf den
Ausdruck bis zu einigen ins 1. Jahrhundert v.Chr. gehörenden Dokumenten aus Nisa
zurückreichen (in Verbindung mit einer besonderen Kategorie von Ländereien), blei-
ben das Vorhandensein und die Art des Amtes in der parthischen Zeit und der frühen
sasanidischen Zeit strittig (so ist zum Beispiel bemerkenswert, dass es in der berühm-
ten Inschrift Sâbuhrs I. an der Ka’aba Zardust fehlt). Erst in der hochsasanidischen
Zeit finden wir diese Bezeichnung in der Bedeutung eines Heerführers, der auch Zi-
vilfunktionen ausüben kann, ausreichend bestätigt (sie bezeichnet häufig einen Me-
diator zwischen dem Lokaladel und der Ziviladministration, dem auch Aufgaben im
steuerlichen Bereich zufallen). Vor allem die syrischen Quellen dokumentieren die

26 Nebenbei möchte ich noch anmerken, dass das griechische Wort Βαρεσμανάς nur bei Prokopios (De
Bellis 113,16 und 114) als Eigenname in Bezug auf einen persischen Führer ausgewiesen wird, der sich
in der Schlacht bei Dara 530 hervorgehoben hat. Im Chronicon Paschale 1732-733 spricht man von einem
βαρισμάνας, dem Herrn der Κανζάκες in der Zeit des persischen Kaisers Σειρόης (Kavadh II).
Justi (1895), S. 64 (s.v. Βαρεσμανάς) interpretiert auch diesen zweiten Namen als Eigennamen, aber
der Kontext lässt eher auf ein politisch-militärisches Amt schließen. Zu baresman als heiligen Gegen-
stand der iranischen Tradition siehe auch Kanga (online).

27 Es sollte darauf hingewiesen werden, dass Malalas’ handschriftliche Überlieferung unsicher ist: im
Codex Baroccianus 182 findet man einmal βαρζαμαράτας und einmal βαρζαμανάτας (in seinem
Apparat hat Thurn die zwei Formen uniformiert). Für diesen wichtigen Hinweis bin ich Olivier Geng-
ier sehr dankbar.
 
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