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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
II. Memoria und Kaisertum
DOI Kapitel:
Brennecke, Hanns Christof: Hagiographie als Kaisermemorie - Kaiser Zenon in der Vita Danielis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0109
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io8 Hanns Christof Brennecke

siliskos den Purpur unter dem Vorzeichen einer aggressiven miaphysitischen Ableh-
nung der Synode von Chalkedon. Zenon musste mit seiner Frau fliehen, konnte dann
aber Basiliskos besiegen. Als Chalkedonanhänger musste er aber einen Ausgleich mit
den Miaphysiten vor allem in Antiochia finden. Aus diesem Grund wurden seine kir-
chenpolitischen Maßnahmen vor allem im lateinischen Westen abgelehnt und führ-
ten zum akakianischen Schisma zwischen Rom und Konstantinopel, das erst 519 unter
Kaiser Justin beigelegt werden konnte. Die zum Teil sehr unterschiedliche Beurtei-
lung dieses Isauriers - wobei eine negative eindeutig überwiegt, das Bild also nicht so
sehr schwankt, sondern sich bedenklich nach einer Seite neigt - findet sich schon in
der erstaunlich reichen Überlieferung des sechsten Jahrhunderts. Die späteren Über-
lieferungen bis in spätbyzantinische Zeit sind dann alle von den Autoren des sechsten
Jahrhunderts abhängig. Die Forschung seit dem 19. und 20. Jahrhundert bis in die Ge-
genwart hat interessanterweise das negative Urteil über diesen Kaiser noch über die
Quellen hinaus verstärkt und deren Urteil in erstaunlicher Weise zugespitzt.3 Mischa
Meier hat dagegen jüngst gezeigt, dass es eben nicht um charakterliche Schwächen
dieses Kaisers ging, wie in großer Einmütigkeit unsere Quellen und die moderne Li-
teratur meinten, sondern dass es um eine Krise des Kaisertums überhaupt am Ende
des fünften Jahrhunderts ging.4 In letzter Zeit ist diese recht unterschiedliche, aber in
ihrem negativen Urteil dann doch ziemlich einmütige Überlieferung verschiedentlich
thematisiert worden.5 Das ist hier nicht im Einzelnen zu wiederholen; außerdem soll
und kann hier auch nicht ein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden, da die
Fragestellung dieses Aufsatzes eine andere ist und deshalb Einzelnes hier auch anders
zu gewichten ist als in den neueren Darstellungen.
Angesichts der zu einem erheblichen Teil überaus fragmentarischen historio-
graphischen Überlieferung des sechsten Jahrhunderts ist allerdings das Bild dieses
Kaisers nicht bei allen Autoren ganz eindeutig. Zurecht ist immer wieder auf die
wichtige Rolle der Kirchenpolitik bei der Beurteilung Zenons hingewiesen worden,6
aber gerade da gibt es dann in der Beurteilung dieses Kaisers in der Spätantiken und
byzantinischen Überlieferung erstaunliche Überraschungen.
Ich unterscheide im Folgenden vier Hauptstränge in der Überlieferung:
i. Die byzantinische Historiographie,
2. Die byzantinische prochalkedonensische, vor allem kirchengeschichtliche Über-
lieferung,
3. Die antichalkedonensische (miaphysitische) Überlieferung, die allerdings nur
noch vor allem in syrischen und koptischen Übersetzungen von in der Überlie-
ferung verlorengegangenen griechischen Texten vorliegt. Die byzantinische und
prochalkedonensische Überlieferung hat die z.T ältere miaphysitische teilweise

3 Vgl. Lippold (1972), Sp. 150-151.

4 Meier (2009), S. 26-33 mü Literaturhinweisen.

5 Laniado (1991); Feld (2005) mit erstaunlichen Irrtümern; Kosinski (2010).

6 Vgl. Lippold (1972) und die Anm. 5 genannten Untersuchungen.
 
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