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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
II. Memoria und Kaisertum
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Brennecke, Hanns Christof: Hagiographie als Kaisermemorie - Kaiser Zenon in der Vita Danielis
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0121
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120

Hanns Christof Brennecke

II. Die Vita Danielis
Ein vollkommen anderes und völlig eigenes Bild bietet nun die anonym überlieferte
Vita Danielis Stylitae^ die eigentlich in die byzantinische Überlieferung gehört, aber
hier völlig aus dem Rahmen fallt, und in ihrer Beurteilung der Herrschaft und Person
des Kaisers Zenon keinerlei Parallelen in der übrigen byzantinischen historiographi-
schen und hagiographischen Überlieferung hat.90
Die Vita ist in drei Fassungen überliefert:
i. Die älteste und ursprüngliche Fassung {Vita antiquior)^ - so vom Herausgeber
Delehaye genannt - ist in die Zeit des Kaisers Anastasios, also bald nach dem Tod
des Styliten im Jahre 493, zu datieren; sie ist in sechs Handschriften, darunter fünf
aus dem 10./11. Jahrhundert überliefert.92
2. Eine nur in zwei Handschriften des 11./12. Jahrhunderts überlieferte Epitome93
3. Die weit verbreitete metaphrastische Bearbeitung aus dem 10. Jahrhundert, die in
mehr als 50 Handschriften seit dem 11. Jahrhundert überliefert ist.94
Ich will mich hier auf der Vita antiquior beschränken, die das lebendigste zeitgenössi-
sche Kolorit bietet, wobei Simeon Metaphrastes seine Fassung natürlich den Bedürf-
nissen seiner Zeit angepasst, aber gerade am Bild Zenons zwar Straffungen, jedoch
keine wesentlichen Korrekturen etwa im Sinne der übrigen byzantinischen historio-
graphischen Überlieferung vorgenommen hat.
In der Danielsvita geht es natürlich in erster Linie um den Styliten Daniel, der
während der Herrschaft der Kaiser Leo und Zenon bis an den Anfang der Herrschaft
des Anastasios in Anaplous bei Konstantinopel auf seiner Säule stand.95

89 BHG 489-490C; Delehaye (1923). Seiner eigentlich sehr gelungenen deutschen Übersetzung konnte
Hans Lietzmann (Lietzmann [1911]) nur den Codex graecus 187 (L) der Leipziger Stadtbibliothek zu-
grunde legen, für dessen Überlassung nach Jena er übrigens der Leipziger Stadtbibliothek ausdrücklich
dankt (Lietzmann [1911], S. 100)!

90 Das anonym und sehr fragmentarisch überlieferte Encomium auf einen namentlich nicht genannten
Kaiser Pap. Gr. Vindebon. 29788C,bei dem es sich vielleicht um Zenon gehandelt haben könnte, möchte
ich hier vorerst übergehen, weil mir vieles an diesem Text noch zu unklar ist. Irgendeine Beziehung zur
Vita Danielis sehe ich im Moment nicht; vgl. McCail (1978). Ob es sich wirklich um ein Encomium auf
Kaiser Zenon handelt, wie McCail annimmt, erscheint mir im Moment noch zu unsicher.

91 Delehaye (1923), S. 1-94.

92 Delehaye (1923), S. XXXV-XLI. Zu ergänzen nach http://pinakes.irht.cnrs.fr/ (Zugriff am 29.5. 2017).
Eine Brüsseler Handschrift ist erst im 17. Jahrhundert geschrieben. Alle fünf Handschriften entstam-
men der Menologienüberlieferung. In der Überlieferung ist von zwei Redaktionen auszugehen, die
aber nicht direkt auf die vorliegenden Handschriften aufzuteilen sind.

93 BHG 490c; Delehaye (1923), S. 95-103; vgl. zur handschriftlichen Überlieferung Delehaye (1923),
S. XLI, zu ergänzen ist eine Athener Handschrift des 12. Jahrhunderts (vgl. http://pinakes.irht.cnrs.fr/).
Die Epitome gehört in die Synaxarienüberlieferung.

94 BHG 49o-49ob; Delehaye (1923), S. 104-147. Delehaye (1923), S. XLII-XLV kannte erst 7 Handschrif-
ten; vgl. http://pinakes.irht.cnrs.fr/ (Zugriff 29.5.2017).

95 Delehaye (1923), S. XLV-LVIII (mit Testimonien), Brennecke (2002), S. 23-30; ders., (2007); Lane Fox
(1997); Kaplan (2001).
 
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