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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
II. Memoria und Kaisertum
DOI Kapitel:
Brennecke, Hanns Christof: Hagiographie als Kaisermemorie - Kaiser Zenon in der Vita Danielis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0124
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Hagiographie als Kaisermemorie - Kaiser Zenon in der Vita Danielis

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Zenon, so versichert Daniel ihm, stehe unter dem Schutz der Trinität und des Kreuzes
und wird dann auch mit Gottes Hilfe gerettet.
καί τή του Θεού επικουρία διασωθείς καταλαμβάνει τό μακράν
τείχος, κάκεΐθεν διαπεράσας έρχεται εν Πύλαις· είτα πάλιν έπέβη τή
Χαλκηδονέων πόλει.104
Die Übernahme der Herrschaft durch Zenon, die bekanntlich auf erheblichen Wi-
derspruch gestoßen war, und in der Konstantinopolitaner Elite bis in den Palast als
Usurpation angesehen wurde,105 wird gleichsam von Gott durch seinen Heiligen, den
Styliten Daniel, legitimiert.
Zenon „regiert das römische Reich nach Gottes Willen so in schöner Ordnung,
die Politeia war in Ruhe106 und die Kirchen lebten έν ειρήνη καί ομόνοια.“107 Von
daher ist für den Verfasser die Usurpation des Basiliskos nur als Angriff des Satans
zu verstehen, durch den ειρήνη καί ομόνοια zerstört werden, nicht nur im Reich,
sondern eben ganz besonders in der Kirche:
ό άεί φθονερός καί βάσκανος διάβολος μίσος άδικον ένέσπειρεν είςτάς
ψυχάς των δήθεν συγγενών του ασιλέως Ζήνωνος, λέγω δή Βασιλίσκον
καί Αρμάτον καί Μαρκιανόν καί λοιπούς τής συγκλήτου.108
Zenon ist für die Vita Danielis der einzig legitime Herrscher des römischen Reiches,
weil seine Herrschaft durch Daniel legitimiert ist, Basiliskos dagegen ist ein Werk-
zeug des Satan.109
Zenon nach Thrakien wegen des drohenden Krieges; ich bitte dich, bete für ihn, dass ihm nichts wider-
fährt*. Antwortet der Heilige dem Kaiser: ,Er hat ja mit sich die heilige Dreieinigkeit und die unbesieg-
bare Waffe des heiligen Kreuzes, und so wird er unversehrt wieder heimkehren. Man wird zwar einen
Anschlag auf ihn machen und ihn eine kleine Weile in Not bringen, aber ungeschädigt wird er gerettet
werden.*“ (S. 33 Lietzmann).
104 Vita antiquior 65 (S. 64,22-25 Delehaye): „Aber durch Gottes Hilfe kam er davon und gelangte zur Langen
Mauer und von dort setzte er über und kam nach Pylai und zog dann wieder in Chalkedon ein.“
105 Vgl. im Gegensatz dazu vor allem Victor von Tunnuna, aber auch die miaphysitische Überlieferung
über Zenon.
106 Vita antiquior 68 (S. 65,20-22 Delehaye): Των δε 'Ρωμαϊκών πραγμάτων βουλήσει Θεού καλώς
διοικουμένων καί τής πολιτείας ήσυχαζούσης έν καταστάσει καί τών άγιων εκκλησιών
έν ειρήνη καί όμονοία διαγόντων,... „Während nun das Römische Reich nach Gottes Willen so
in schöner Ordnung regiert wurde und der Staat in Ruhe war, und die heiligen Kirchen in Frieden und
Eintracht lebten,..." (S. 34 Lietzmann).
ησυχία ist in der monastischen Überlieferung der Begriff für das monastische Vollkommenheitsideal,
der zu erreichende Idealzustand, mit dem eigentlich das Eschaton, Gottes Reich und seine endgültige
Herrschaft begonnen hat; vgl. Lampe (1968), S. 609-610.
107 Zu ειρήνη καί ομόνοια als Ziel der Kirchenpolitik Konstantins vgl. Eusebius, Vita Constantini 151,2;
III 20,2; 21,1.
108 Vita antiquior 68 (S. 65,22-26 Delehaye): „ ..., säte der immer neidische und tückische Teufel bösen
Samen in die Seelen der Verwandten des Kaisers Zenon: ich meine den Basiliskos und Armatus und
Marcianus und andere Senatoren.“ (S. 34 Lietzmann).
109 Vgl. damit die miaphysitische Überlieferung, für die Basiliskos der allein legitime Herrscher ist, Zenon
dagegen ein Usurpator. Aber auch bei Victor von Tunnuna, dem strikten Anhänger von Chalkedon und
theologischem Gegner des Miaphysitismus erscheint Zenon als Usurpator.
 
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