Metadaten

Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Editor]; Gengler, Olivier [Editor]; Meier, Mischa [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI chapter:
III. Ausformungen kirchlicher memoria
DOI chapter:
Watta, Sebastian: Materielle Erinnerung: Formen der memoria in den kirchlichen Mosaikpavimenten des Nahen Ostens
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0157
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
156

Sebastian Watta

Wohl in der ersten Hälfte des 5. Jhs. ersetzte man diese Architektur durch eine
große basilikale Kirchenanlage mit Atrium, die man in aufwändiger Form, unter an-
derem auch mit Fußbodenmosaiken, ausstattete (Abb. i).12 Bereits im 6. Jh. erneuerte
man aber Teile des Mosaikbodens im mittels einer Schranke vom Kirchenschiff ab-
gesonderten Sanktuariumsareal. Bei dieser Gelegenheit brachte man im Bereich des
Tischaltars der Kirche im Mosaik die Darstellung eines Brotkorbes und zweier diesen
flankierender Fische an (Abb. 2).13
In Form der bildlichen Darstellung erinnerte man damit an das Gründungsereig-
nis des Ortes als die Begebenheit der Heilsgeschichte, die verantwortlich war für die
Annahme und Verehrung als heiliger Ort.14 Neben der erinnernden Botschaft des
Bildes wurde durch seine dauerhafte materielle Platzierung aber auch die Architektur
des Kirchenbaus bzw. sein zentraler Bereich, das Areal des eucharistischen Altars,
im Sinne einer typologieartigen Verbindung sakral aufgeladen.15 Die Assoziation von
wundersamer Speisung und Mahl in der Vergangenheit im Zusammenhang mit dem
Tisch des Abendmahls in der Gegenwart der Spätantiken Kirchenverantwortlichen
und -besucher, beide Aspekte verknüpft durch die Person und das Wirken Jesu, über-
trug hier eine über die reine Erinnerung hinausreichende Bedeutung.16 Die geringe
Sichtbarkeit der Darstellung für die allgemeinen Kirchenbesucher im abgeschrankten
Sanktuarium scheint hierbei zweitrangig gewesen zu sein und hinter dem Aspekt der
Bedeutung vermittelnden Präsenz des Bildes in Altarnähe zurückzutreten.1? Dass eine
solche Strategie keinen Einzelfall darstellt, wird durch ein weiteres Beispiel aus der
Großregion deutlich.
Nicht nur der geographisch fixierte christliche Erinnerungsort, auch die prakti-
zierte und vielfach variierte christliche Liturgie ist von Aspekten der Kommemora-

12 Schneider (1934) zu den Untersuchungen zur Basilika, zum Vorgängerbau Avi-Yonah/Negev (1993),
S. 615-616. Zur Datierung des basilikalen Neubaus in das 5. Jh. Brenk (1995), S. no, Avi-Yonah/Negev
(1993), S. 116. Schneider (1934), S. 33 hatte noch eine Einordnung in das 4. Jh. vorgeschlagen.

13 Zum Mosaik Schneider (1934), S. 57; Avi-Yonah/Negev (1993), S. 116; Brenk (1995), S. no. Der rohe und
im Zentrum teilweise zerstörte Kalksteinblock als Unterkonstruktion (1,70 x 0,95 m) des Altars mit den
flankierenden Einlassungen für die Stützen des Tisches wurde von A.M. Schneider als Hinweis auf die
von Egeria berichtete Praxis der Pilger angesehen, sich heilsvermittelnde Stücke vom örtlich vorhan-
denen Steinmaterial abzubrechen. Der Block sei wohl mit dem verehrten „heiligen Stein“ der Überlie-
ferung zu identifizieren; Schneider (1934), S. 16-17, Zitat S. 16; Avi-Yonah/Negev (1993), S. 615.

14 Schneider (1934), S. 57; Hachlili (2009), S. 228; Talgam (2014), S. 203. Beat Brenk verwies darauf, dass
die Darstellung der Fische nach der Dokumentation durch Schneider restauratorisch ergänzt worden
sei. Eindeutige Aussagen seien daher heute kaum mehr möglich; Brenk (1995), S. no. Allerdings war
die Darstellung bereits bei der Untersuchung des Areals durch Schneider eindeutig zu identifizieren,
vgl. Schneider (1934), S. 17 Abb. 2, Taf. 1, so dass an ihrem Vorhandensein im Mosaikkonzept des 6 Jhs.
kein Zweifel besteht.

15 Siehe zu diesem Aspekt Watta (2015), S. 356-357.

16 Talgam (2014), S. 203. Zum Aspekt der Bedeutungsübertragung durch Raumausstattungen in Sakral-
bauten mit besonderem Blick auf Fußbodenmosaiken Jäggi (2007), S. 84; Branham (2012), S. 202,209-
212; Watta (2015), passim.

17 Auch der mutmaßlich als Reliquie der Brotvermehrungsgeschichte verehrte Stein lag im Altarbereich
und damit innerhalb der Schranke des Sanktuariums. Auch er wäre damit für die Pilger nur aus der
Distanz zu betrachten und nicht zu berühren gewesen; Brenk (1995), S. no.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften