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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
III. Ausformungen kirchlicher memoria
DOI Kapitel:
Watta, Sebastian: Materielle Erinnerung: Formen der memoria in den kirchlichen Mosaikpavimenten des Nahen Ostens
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0161
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ι6ο

Sebastian Watta

πάρεστιν άδιαστάτως ή των αγίων άπογραφή τό συνεζευγμένον
αυτών άδιαιρέτως έμφαίνουσα τής προς αυτόν ύπερκοσμίου καί ίεράς
ένώσεως.
Beachte aber, dass die Toten in die geheiligten Gedenklisten eingetragen sind nicht
in dem Sinn, dass das Gedächtnis Gottes nach Menschenart in der Vorstellung des
Erinnerungsorgans sich offenbart, sondern so, wie einer mit einer richtigen Vor-
stellung sagen könnte, im Sinne einer zu verehrenden, unverrückten Kenntnis der
vollendeten Gottähnlichen, die in Gott vorhanden ist. ,Er hat nämlich die Seinen
erkannt1 (2 Tim 2,19), wie die Worte sagen, und ,Ehrenvoll ist vor dem Herrn der
Tod seiner Heiligen (Ps 115,6) - gemeint ist mit ,dem Tod der Heiligen1 die Voll-
endung der Heiligkeit. Und auch das bedenke in der geheiligten Weise: Wenn die
verehrungswürdigen Symbole, durch die Christus bezeichnet und empfangen wird,
auf den göttlichen Altar gelegt werden, ist ununterbrochen die Liste der Heiligen
dabei. Sie deutet auf die untrennbare Verbundenheit derselben mit der die Sinnen-
welt übersteigenden, geheiligten Einswerdung mit ihm.36
Die Funktion der genannten, Gott um Erinnerung anrufenden Texte im Raum zeigt
sich durch eine Gegenüberstellung mit einer in der Großregion vollzogenen Fürbitten-
liturgie, in der etwa die inschriftlich häufig zu findende Wendung Μνήσθίτη Κύριε
ebenfalls Anwendung findet. Ich beziehe mich hierbei beispielhaft auf die in Jerusalem
praktizierte Jakobus-Liturgie, ohne damit andeuten zu wollen, dass diese etwa in den
Kirchenbauten der Provincia Arabia in gleicher Form angewandt worden sein muss,
auch wenn dies bereits angenommen wurde.37 Auch im Formular der Fürbitten, wie sie
der Ablauf der Liturgie vorsah, brachte man die Hoffnung auf Erinnerung für Institu-
tionen und Einzelpersonen im liturgischen Zusammenhang mit der Eucharistie vor -
damit also in dem Zeitraum, in dem man Gott selbst als am Altar gegenwärtig dachte.38
Eine vergleichbare funktionale Beziehung lässt sich zwischen der Ausgestaltung
und Positionierung der Medien Bild und Inschrift, die die Erinnerung durch Gott
und die Zeitgenossen evozieren und auf die jeweilige Person übertragen sollten, und
dem Ort der Eucharistie, dem Altar im abgeschrankten Sanktuarium, festmachen. So
wurde die Großzahl der Stifterbilder und Stifterinschriften im Kirchenbau möglichst
weit östlich, in größtmöglicher Nähe zum eucharistischen Altar platziert, aber den-

36 Pseudo-Dionysius Areopagita, de Ecclesiastica hierarchia III 7, S. 88-89; Übersetzung nach Heil (1986),
S.118.

37 Die Edition der Liturgia Sancti Jacobi von Mercier fußt auf dem möglicherweise bereits im 8. aber wohl
eher im 9. Jahrhundert im Umkreis von Damaskus und damit in der Einflusssphäre der griechischen
Kirche von Antiochia verfassten Cod. Vat. graec. 2282, der die älteste griechische Handschrift der Jako-
bus-Anaphora darstellt. Frühe Formen dieses Liturgieformulars wurden in der Jerusalemer Kirche wohl
bereits seit dem späten 4., frühen 5. Jh. verwendet. Witvliet (1997), S. 155-156 untersuchte die Redaktion
und Tradition der weiteren fünf Sprachversionen und der Problematik ihrer zeitlichen Einordnung.
Siehe zur Quelle und ihrer zeitlichen Genese auch zusammenfassend Watta (2015), S. 195-198. Alain
Desreumaux sprach sich unter anderem dafür aus, dass die Jerusalemer Liturgie möglicherweise auch
in den Kirchen östlich des Jordan angewandt wurde, dazu Desreumaux, Alain: Rez. zu Michel (2001),
in: Byzantinische Zeitschrift Bd. 97/1,2004, S. 229-233, bes. S. 230.

38 Liturgia SanctiJacobi, S. 206-222.
 
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