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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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III. Ausformungen kirchlicher memoria
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Watta, Sebastian: Materielle Erinnerung: Formen der memoria in den kirchlichen Mosaikpavimenten des Nahen Ostens
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0164
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Materielle Erinnerung. Formen der memoria in den kirchlichen Mosaikpavimenten

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sowie die daran beteiligten Stifter und ihre Gebetsanliegen erneut inschriftlich ver-
ewigte, zeigt, dass man die heilvermittelnde Erinnerung auch für frühere Generatio-
nen zu sichern bestrebt war.49
Die Analyse macht deutlich, dass Mosaikpavimente frühbyzantinischer Kirchen-
bauten des Nahen Ostens in ihrer Konzeption in vielfältiger Weise durch Erinne-
rungsaspekte und Vorstellungen des medial vermittelten Heils geprägt sind. Die
Heilshoffnung knüpft sich hierbei an ein mehrschichtiges „Erinnerungsgefüge“. Die
liturgische Memoria durch Klerus und Gemeinde wird parallelisiert in den in Altar-
nähe platzierten Medien von Stifterinschrift und -bild. Der Altar selbst ist wiederum
Ort des eucharistischen Opfers, des Erinnerungsmahls, eingesetzt durch den zentra-
len „Erinnerungsfokus“ des Christentums, die Gestalt Jesu Christi.50 Der Kirchenbau
wird geheiligt durch die Erinnerungshandlungen der in ihm vollzogenen Liturgie,
durch die Präsenz der ebenfalls mit Kommemoration bedachten Heiligen in Form
ihrer Reliquien bzw. durch die in der Vergangenheit an diesem Ort geschehenen
Ereignisse der Heilsgeschichte.51 Ziel der Erinnerungshandlungen als Teil des „kul-
turellen Gedächtnisses“ ist die Schaffung von Kontinuität, ein Fortleben der Tradi-
tion. Gerade dieser Aspekt wird durch die materielle, dauerhafte und gegenwärtige
Ausstattung des Kirchenbaus, sofern Erinnerungsaspekte mit ihr verknüpft sind, in
idealer Weise erfüllt.
Die Mosaikpavimente vermitteln damit als Quellengattung in der modernen Ana-
lyse historische Vorstellungen von Erinnerungspraktiken und ihrer Wirkmächtigkeit
im frühbyzantinischen Christentum. Die Materialität des Mosaiks bildete hierbei für
die Erbauer der Kirchen und die Entwerfer der Ausstattungsprogramme die entschei-
dende Qualität, um Erinnerung und Bezüge zur Vergangenheit umzusetzen und im
Kirchenbau gegenwärtig zu halten - eine Erinnerung, die bis in die Gegenwart wirkt.
Bibliographie
Quelleneditionen
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49 Bereits in der paganen kaiserzeitlichen Stiftungspraxis lassen sich diese „generationsübergreifenden“
Wiederherstellungsinitiativen fassen, die zumeist das soziale Prestige und die Legitimität der jüngeren
Geldgeber und die Anbindung an eine Tradition in besonderer Weise stärkten; Yasin (2009), S. 106-107.

50 Christoph Markschies und Hubert Wolf sprechen von Jesus Christus als ,,zentrale[m] Erinnerungs-
ort[...] des Christentums“; Markschies/Wolf (2010), Zitat S. 18.

51 S.o. Anm. 9.
 
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