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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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V. Memoria unter Justinian
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Gengler, Oliver: Memoria und Gesetzgebung: Vergangenheit und Gegenwar in den Justinianischen Novellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0248
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Memoria und Gesetzgebung: Vergangenheit und Gegenwart in den Justinianischen Novellen 247

Es folgt ein lobender Vergleich Justinians mit Trajan, Augustus, Titus und Marc
Aurel und eine Darstellung des Machtgebiets des neuen quaestor, der dem Kaiser di-
rekt untergeordnet und für eine hochstrategische Region verantwortlich war, nämlich
Skythien,Moesia Secunda, die Kykladen und die Inseln der anatolischen Küste, sowie
Zypern.19
Im Text des Johannes Lydos lassen sich die Schwerpunkte der historischen Ein-
führungen zu den Provinzgesetzen wiedererkennen: Die Ämter vermitteln den an-
tiken römischen Glanz, zudem wird die antike Größe der unterworfenen Provinzen
zur Darstellung gebracht. Sogar der Hinweis auf antiquarische Autoren findet eine
Entsprechung in den Novellen, wie in der Nov. 25 pr. (S. 196,4-5 Schöll/Kroll): οι τα
naAata συγγράφοντές τε καί διηγούμενοι, oder in der Nov. 30 pr. (S. 223,35-36
Schöll/Kroll): οι τής αρχαίας ποΛυμαθείας ... έρασταί. Der Justinian des Jo-
hannes Lydos ist belesen und neigt zum Antiquarianismus, was vielleicht weniger der
Wirklichkeit als dem Bild entspricht, das die Gesetze vermitteln, wobei Lydos sich
hier weniger naiv als schmeichlerisch zeigt.20
Falls Johannes Lydos hier der Nov. 41 nicht sogar direkt folgt, so ist sein Text
doch jedenfalls von den Prinzipien der kaiserlichen Rhetorik geprägt. Natürlich hatte
Johannes Lydos ein besonderes Interesse an der antiquarischen Untersuchung der rö-
mischen Verwaltung. Offensichtlich hat er jedoch das Ziel der Reformen Justinians -
den er für dieses Werk am Anfang seines 3. Buches lobt - gut verstanden.21 Er gehörte
eigentlich zum natürlichen Kernpublikum der kaiserlichen Rhetorik, nämlich zu den
in der Reichsverwaltung tätigen Angehörigen der gebildeten Oberschicht.22
Die Rhetorik jener Nov. 8, durch welche die Reform der Provinzverwaltung ein-
geleitet wird, unterscheidet sich deutlich von den rhetorischen Mustern der direkt fol-
genden Gesetzestexte. Der Hinweis auf die Vergangenheit tritt hier hinter den Hin-
weis auf Justinians Engagement für seine Untertanen und die damit von ihm erfüllte
göttliche Mission zurück. Die ersten Worte der Vorrede sind in diesem Zusammen-
hang ganz explizit - und werden deswegen auch in der Sekundärliteratur oft zitiert:
Omnes nobis dies ac nodes contingit cum omni lucubratione et cogitatione degere semper
volentibus, ut aliquid utile et placens deo a nobis collatoribus praebeatur...
Alle Tage und Nächte verbringen wir in größter Wachsamkeit und Sorge, in stän-
digen Überlegungen, wie wir etwas Nützliches und Gott Wohlgefälliges den Un-
tertanen zukommen lassen könnten .. ,23

19 Johannes Lydos ist hier etwas ungenau. Zum quaestor exercitus'. Stein (1949), S. 474.

20 Dennoch ist das Urteil von Honoré (1978), S. 25 über die intellektuellen Interessen des Kaisers wahr-
scheinlich zu stark vereinfachend. Zu den gemischten Gefühlen des Johannes Lydos gegenüber Justi-
nian siehe Maas (1992).

21 Lydus, de Magistratibus III1-2.

22 Vgl. Kruse (2015) und Roueché (1998), S. 88-89, die richtigerweise auf die provinziale Oberschicht
hinweist.

23 Nov. 8 pr. (S. 64,10-13 Schöll/Kroll), Übersetzung Hunger (1964), S. 98.
 
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