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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Editor]; Gengler, Olivier [Editor]; Meier, Mischa [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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V. Memoria unter Justinian
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Gengler, Oliver: Memoria und Gesetzgebung: Vergangenheit und Gegenwar in den Justinianischen Novellen
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0252
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Memoria und Gesetzgebung: Vergangenheit und Gegenwart in den Justinianischen Novellen 251

Die Schnelligkeit des Feldzuges, brevi tempore, steht der Dauer der Gefangenschaft
gegenüber. Der Hinweis auf die Vergangenheit, ante centum et quinque annos a vuan-
dalis captivata, verstärkt in erster Linie die Last der körperlichen und religiösen Un-
terwerfung Afrikas bzw. den Wert seiner Befreiung. Der Schwerpunkt liegt auf der
Gegenwart und auf dem Handeln Justinians.
Nochmals vergleicht sich Justinian mit seinen Vorgängern, denen Gott nicht ge-
stattet hatte, Afrika zu befreien, und die sogar Roms Eroberung zugelassen hatten:
Quod beneficium dei antecessores nostri non meruerunt, quibus non solum Africam li-
berare non licuit, sed et ipsam Romam viderunt ab eisdem wandalis captam et omnia
imperialia ornamenta in Africam exinde translata. Nunc vero deusper suam misericor-
diam non solum Africam et omnes eius provincias nobis tradidit, sed et ipsa imperialia
ornamenta, quae capta Roma fuerant ablata, nobis restituit.
Einer solchen Gnade Gottes können sich Unsere Vorgänger nicht rühmen, die
nicht nur nicht Afrika befreit haben, sondern welche selbst Rom von denselben
Vandalen erobert und den Kaiserschmuck von dort nach Afrika entführt sahen.
Jetzt aber hat uns Gott durch seine Gnade nicht nur Afrika und dessen sämtli-
che Provinzen verliehen, sondern auch den kaiserlichen Schmuck, der nach Roms
Überwindung entführt worden war, zurückgegeben.37
Zur Befreiung Afrikas fügt Justinian hier ein neues Element hinzu: Die Rückgabe
der imperialia ornamenta, die die Vandalen bei der Eroberung Roms {Romam captam
... capta Roma) geraubt hatten. Deus nobis restituit, das Paradigma ist klar: Gott steht
hinter Justinian und sichert die Kontinuität des Römischen Reiches. Geographisch
geht es um eine Verlegung: Die ornamenta wurden aus Rom genommen und nun nach
Konstantinopel zurückgebracht. Symbolisch aber handelt es sich um eine restitutio·.
Die ornamenta sind wieder in den Händen des römischen Kaisers.38
Der Triumph, den Justinian 534 veranstaltet, offenbart die Bedeutung des Sieges
gegen die Vandalen.39 Gelimer wurde von Beiisar bis vor den Kaiser im Hippodrom
geführt: „Dann nahm man ihm, als er vor dem kaiserlichen Bema stand, den Purpur ab
und nötigte ihn, vor Kaiser Justinian die Proskynese zu vollziehen. Und dies tat auch
Beiisar (...)“4° Es war nicht der Triumph des Feldherren Beiisar, sondern des Justi-
nian41 und dieser ließ ihn sogar später als Mosaik in seinem Palast darstellen.42 Der

37 CJi,27,1,6-7 (S. 126,15-19 Krüger, Übersetzung Schilling).

38 Roueché (1998), S. 87-88 betont, dass die römische Identität im Osten nach dem Fall Roms 476 immer
wichtiger wurde; eine Tatsache, die Dimitriev (2010) ungenügend berücksichtigt.

39 Procopius, de Bellis IV 9.

40 Procopius, de Bellis IV 9,12, Übersetzung Veh mit Modifikationen von Börm (2013), S. 64-65. Vgl. Ma-
lalas, Cbronograpbia XVIII 81, Lydus, de Magistratibus II 2.

41 Börm (2013), S. 68 mit der Bibliographie.

42 Procopius, deAedificiis 110,16-18. Für ein weiteres Echo des Triumphs siehe Croke (2001), S. 32-34, der
davon ausgeht, dass Marcellinus seine Chronik erweitert hat, um die Siege gegen den Vandalen zu in-
tegrieren.
 
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