Historische und theologische Diskurse in den lateinischen Chroniken
267
Amtsträger {ego vero vir clurissimus Marcellinus comes ... Orientale tantum secutus im-
perium) vor, gibt in 1. Person Singular Auskunft über den Umfang seiner Fortsetzung
und steckt den chronologischen Rahmen ab.
Während der Prosper-Fortsetzer Victor von Tunnuna einfach die Uberleitungs-
formel hucusque Prosper vir religiosus ordinem pruecedentium digessit unnorum; cui et nos
is ta subiecimus anfügt, begnügt sich Johannes von Biclarum nicht mit der einfachen
Formel hucusque Victor Tunnennensis ecclesiae episcopus Africanae provinciae ordinem
praecedentium digessit annorum; nos, quae consecuta sunt, adicere curavimus, sondern fügt
wie Hydatius, wenn auch viel kürzer, eine praefatio hinzu, in der er alle seine Vorgän-
ger Eusebius, Hieronymus, Prosper und Victor von Tunnuna aufzählt, die die Ge-
schichte fast aller Völker konzis verfasst, bis in sein Lebensalter die Reihe der Jahre
fortgesetzt und das Geschehene überliefert haben {qui historium omniumpaenegentium
summa brevitate et diligentia contexere visi sunt et usque ad nostrum aetatem congeriem
perduxerunt annorum et quae acta sunt in mundo ad agnitionem nostrum trunsmiserunt).
Er bestimmt seinen Anteil, der in der Fortsetzung von Victors Chronik besteht {quue
temporibus nostris uctu sunt... udposteros notescendu), gibt als seine Quellen - ähnlich
explizit wie Hydatius - Autopsie {quod oculutu fide pervidimus) und Fremdberichter-
stattung {quue ex relutu fidelium didicimus) und als seinen Typus der Geschichtsschrei-
bung den kurzen Bericht {brevi stilo trunsmitterè) an.
2. Persönliches Auftreten des Chronisten als Akteur hzw. als Historiker
Zwar ist ein unpersönlicher Stil ein typisches Merkmal aller Chroniken: der Chronik-
fortsetzer beschränkt sich in der Regel auf die Angabe der Tatsache, dass er die Chro-
nik fortsetzt, und gibt manchmal seinen Namen an. Danach tritt der Chronist in der
Regel als hetero- (in der 3. Person Singular) und extradiegetischer (nicht persönlich in
die Erzählung involvierter) Erzähler22 auf, der eine gewisse Vorliebe für unpersönliche
Konstruktionen aufweist.
Eine Ausnahme bildet Hydatius, der nicht nur ein Vorwort und eine ausführliche
Einleitung verfasst hat, in der er über seine Tätigkeit als Chronist in der 1. Person
(Singular und Plural) Auskunft gibt. Hydatius tritt auch an anderen Stellen seiner
Chronik in eigener Person auf; so gibt er in der 3. Person Singular offen zu, den Na-
men eines Bischofs nicht kennen zu können, den er als kleiner Junge gesehen hat {Hy-
dutius, qui huec scribit, scire nonpotuit. hunc vero sunctum ... vidit et infuntulus et pupillus
c. 40). Ebenso weiß er nicht - wie er in 1. Person Singular zugibt -, wer in Alexandria
nach Theophilos Patriarch geworden ist {ignoruvit huec scribens c. 61). Ebenso verstärkt
er eine Aussage durch die Angabe einer schriftlichen bzw. mündlichen Quelle, aus der
er die Dinge, die außerhalb Galiziens stattfanden, erfahren hat. So werden etwa in
Bezug auf den Bischof Juvenal von Jerusalem und die Häresie der Ebioniten als Quel-
len ein Priester aus Arabien und andere Griechen, die nach Galizien gereist waren,
22 Zu diesen Kategorien vgl. Genette (1972), S. 204-206.
267
Amtsträger {ego vero vir clurissimus Marcellinus comes ... Orientale tantum secutus im-
perium) vor, gibt in 1. Person Singular Auskunft über den Umfang seiner Fortsetzung
und steckt den chronologischen Rahmen ab.
Während der Prosper-Fortsetzer Victor von Tunnuna einfach die Uberleitungs-
formel hucusque Prosper vir religiosus ordinem pruecedentium digessit unnorum; cui et nos
is ta subiecimus anfügt, begnügt sich Johannes von Biclarum nicht mit der einfachen
Formel hucusque Victor Tunnennensis ecclesiae episcopus Africanae provinciae ordinem
praecedentium digessit annorum; nos, quae consecuta sunt, adicere curavimus, sondern fügt
wie Hydatius, wenn auch viel kürzer, eine praefatio hinzu, in der er alle seine Vorgän-
ger Eusebius, Hieronymus, Prosper und Victor von Tunnuna aufzählt, die die Ge-
schichte fast aller Völker konzis verfasst, bis in sein Lebensalter die Reihe der Jahre
fortgesetzt und das Geschehene überliefert haben {qui historium omniumpaenegentium
summa brevitate et diligentia contexere visi sunt et usque ad nostrum aetatem congeriem
perduxerunt annorum et quae acta sunt in mundo ad agnitionem nostrum trunsmiserunt).
Er bestimmt seinen Anteil, der in der Fortsetzung von Victors Chronik besteht {quue
temporibus nostris uctu sunt... udposteros notescendu), gibt als seine Quellen - ähnlich
explizit wie Hydatius - Autopsie {quod oculutu fide pervidimus) und Fremdberichter-
stattung {quue ex relutu fidelium didicimus) und als seinen Typus der Geschichtsschrei-
bung den kurzen Bericht {brevi stilo trunsmitterè) an.
2. Persönliches Auftreten des Chronisten als Akteur hzw. als Historiker
Zwar ist ein unpersönlicher Stil ein typisches Merkmal aller Chroniken: der Chronik-
fortsetzer beschränkt sich in der Regel auf die Angabe der Tatsache, dass er die Chro-
nik fortsetzt, und gibt manchmal seinen Namen an. Danach tritt der Chronist in der
Regel als hetero- (in der 3. Person Singular) und extradiegetischer (nicht persönlich in
die Erzählung involvierter) Erzähler22 auf, der eine gewisse Vorliebe für unpersönliche
Konstruktionen aufweist.
Eine Ausnahme bildet Hydatius, der nicht nur ein Vorwort und eine ausführliche
Einleitung verfasst hat, in der er über seine Tätigkeit als Chronist in der 1. Person
(Singular und Plural) Auskunft gibt. Hydatius tritt auch an anderen Stellen seiner
Chronik in eigener Person auf; so gibt er in der 3. Person Singular offen zu, den Na-
men eines Bischofs nicht kennen zu können, den er als kleiner Junge gesehen hat {Hy-
dutius, qui huec scribit, scire nonpotuit. hunc vero sunctum ... vidit et infuntulus et pupillus
c. 40). Ebenso weiß er nicht - wie er in 1. Person Singular zugibt -, wer in Alexandria
nach Theophilos Patriarch geworden ist {ignoruvit huec scribens c. 61). Ebenso verstärkt
er eine Aussage durch die Angabe einer schriftlichen bzw. mündlichen Quelle, aus der
er die Dinge, die außerhalb Galiziens stattfanden, erfahren hat. So werden etwa in
Bezug auf den Bischof Juvenal von Jerusalem und die Häresie der Ebioniten als Quel-
len ein Priester aus Arabien und andere Griechen, die nach Galizien gereist waren,
22 Zu diesen Kategorien vgl. Genette (1972), S. 204-206.