Historische und theologische Diskurse in den lateinischen Chroniken
271
viele Städte wurden verwüstet. Auf den Katalaunischen Feldern, nicht weit von der
verwüsteten Stadt Metz entfernt, wurden sie mit göttlicher Hilfe durch den Heer-
führer Aëtius und den KönigTheoderich ... in einer offenen Schlacht überwunden“
{gens Hunnorum pace rupta depraedatur provincias Galliarum: plurimae civitates effractae,
in campis Catalaunicis, haud longe de civitate quam effregerant, Mertis, Aëtio duci et regi
Theodori... aperto marte confligens, divino caesa superatur auxilio c. 150).
Zwar behandelt Prosper das Thema der Barbaren nicht so häufig, betont aber
ebenfalls die Wildheit und die von ihnen verursachten Verwüstungen, etwa in Bezug
auf die Hunnen, die „das Illyricum furchtbar plünderten und verwüsteten“ {Chunis
Thracias et Illyricum saeva populatione vastantibus c. 1346) oder die Verfolgungen der
Katholiken durch die dem Arianismus zugewandten Vandalen (c. 1327, s.o.). Sonst
sind die Barbaren - was in der Gallischen Chronik von 452 c. 55 nur kurz bezüglich Sti-
lichos Handeln angedeutet wird - bei Prosper ein weiterer Akteur auf dem politischen
Schauplatz, die sich nur dank der Spannungen und der Intrigen in der römischen
Führungsschicht, mit der sie in Kontakt standen, im Reich festsetzen können. So wird
die ebenso von anderen Chronisten mit all ihren negativen Konsequenzen für die
Römer emphatisch beschriebene Eroberung Karthagos durch Geiserich mit der Ab-
lenkung des Aëtius begründet: „Während Aëtius mit den Angelegenheiten beschäftigt
war, die in Gallien verhandelt wurden, besetzt Geiserich, bezüglich dessen Freund-
schaft nichts befürchtet wurde, unter Missbrauch des Friedens Karthago und bringt
all den Reichtum der Stadt in seinen Besitz, indem er die Bürger auf verschiedene
Art foltern lässt. ... Er war gegenüber dem gesamten gefangenen Volk grausam, aber
vor allem der Nobilität und dem Klerus gegenüber feindlich gesinnt, so dass nicht zu
entscheiden war, ob er mehr gegen die Menschen oder mehr gegen Gott Krieg begon-
nen hatte.“ {Aëtio rebus, quae in Gallia componebantur, intento Gisiricus, de cuius amicitia
nihil metuebatur, Carthaginem dolo pads invadit omnesque opes eius excruciatis diver so
tormentorum genere civibus in iussuum vertit... in Universum captivipopuli ordinem sae-
vus, sed praecipue nobilitati et religioni infensus, ut non discerneretur, hominibus magis an
deo bellum intulisset c. 1339). Der schmerzliche Verlust Karthagos ist weder eine Strafe
Gottes noch ereilt die Barbaren im Gegensatz etwa zu Hydatius in einem ähnlichen
Fall (c. 89) wegen ihrer Übergriffe gegen Zivilisten und Kirchen eine göttliche Strafe.
Vielmehr liegen die Gründe, welche diese Ereignisse verursachen, durchaus auf der
Ebene des Menschlichen.
Häufig ist nicht die ungestüme Macht der Barbaren, sondern die Rivalität unter
den Generälen die Ursache für den Misserfolg, wie Prosper am Beispiel des Feldherrn
Litorius klar zum Ausdruck gibt, der „danach strebte, Aëtius an Ruhm zu übertreffen,
und weil er den Orakeln der Opferbeschauer und den Zeichen der Götzen vertraute,
begann er unvorsichtigerweise einen Kampf mit den Goten. Dadurch erkannte man
allseits, wie sehr jene Schar, die zusammen mit ihm umkam, hätte nützen können,
wenn er es vorgezogen hätte, den Ratschlägen des Bedeutenderen zu folgen und nicht
seiner eigenen Verwegenheit. Denn er selbst fügte den Feinden einen so großen Scha-
den zu, dass zweifelhaft war, welcher Seite der Sieg hätte zugerechnet werden sollen,
wenn er nicht durch seine unbesonnene Kampfweise in Gefangenschaft geraten wäre“
271
viele Städte wurden verwüstet. Auf den Katalaunischen Feldern, nicht weit von der
verwüsteten Stadt Metz entfernt, wurden sie mit göttlicher Hilfe durch den Heer-
führer Aëtius und den KönigTheoderich ... in einer offenen Schlacht überwunden“
{gens Hunnorum pace rupta depraedatur provincias Galliarum: plurimae civitates effractae,
in campis Catalaunicis, haud longe de civitate quam effregerant, Mertis, Aëtio duci et regi
Theodori... aperto marte confligens, divino caesa superatur auxilio c. 150).
Zwar behandelt Prosper das Thema der Barbaren nicht so häufig, betont aber
ebenfalls die Wildheit und die von ihnen verursachten Verwüstungen, etwa in Bezug
auf die Hunnen, die „das Illyricum furchtbar plünderten und verwüsteten“ {Chunis
Thracias et Illyricum saeva populatione vastantibus c. 1346) oder die Verfolgungen der
Katholiken durch die dem Arianismus zugewandten Vandalen (c. 1327, s.o.). Sonst
sind die Barbaren - was in der Gallischen Chronik von 452 c. 55 nur kurz bezüglich Sti-
lichos Handeln angedeutet wird - bei Prosper ein weiterer Akteur auf dem politischen
Schauplatz, die sich nur dank der Spannungen und der Intrigen in der römischen
Führungsschicht, mit der sie in Kontakt standen, im Reich festsetzen können. So wird
die ebenso von anderen Chronisten mit all ihren negativen Konsequenzen für die
Römer emphatisch beschriebene Eroberung Karthagos durch Geiserich mit der Ab-
lenkung des Aëtius begründet: „Während Aëtius mit den Angelegenheiten beschäftigt
war, die in Gallien verhandelt wurden, besetzt Geiserich, bezüglich dessen Freund-
schaft nichts befürchtet wurde, unter Missbrauch des Friedens Karthago und bringt
all den Reichtum der Stadt in seinen Besitz, indem er die Bürger auf verschiedene
Art foltern lässt. ... Er war gegenüber dem gesamten gefangenen Volk grausam, aber
vor allem der Nobilität und dem Klerus gegenüber feindlich gesinnt, so dass nicht zu
entscheiden war, ob er mehr gegen die Menschen oder mehr gegen Gott Krieg begon-
nen hatte.“ {Aëtio rebus, quae in Gallia componebantur, intento Gisiricus, de cuius amicitia
nihil metuebatur, Carthaginem dolo pads invadit omnesque opes eius excruciatis diver so
tormentorum genere civibus in iussuum vertit... in Universum captivipopuli ordinem sae-
vus, sed praecipue nobilitati et religioni infensus, ut non discerneretur, hominibus magis an
deo bellum intulisset c. 1339). Der schmerzliche Verlust Karthagos ist weder eine Strafe
Gottes noch ereilt die Barbaren im Gegensatz etwa zu Hydatius in einem ähnlichen
Fall (c. 89) wegen ihrer Übergriffe gegen Zivilisten und Kirchen eine göttliche Strafe.
Vielmehr liegen die Gründe, welche diese Ereignisse verursachen, durchaus auf der
Ebene des Menschlichen.
Häufig ist nicht die ungestüme Macht der Barbaren, sondern die Rivalität unter
den Generälen die Ursache für den Misserfolg, wie Prosper am Beispiel des Feldherrn
Litorius klar zum Ausdruck gibt, der „danach strebte, Aëtius an Ruhm zu übertreffen,
und weil er den Orakeln der Opferbeschauer und den Zeichen der Götzen vertraute,
begann er unvorsichtigerweise einen Kampf mit den Goten. Dadurch erkannte man
allseits, wie sehr jene Schar, die zusammen mit ihm umkam, hätte nützen können,
wenn er es vorgezogen hätte, den Ratschlägen des Bedeutenderen zu folgen und nicht
seiner eigenen Verwegenheit. Denn er selbst fügte den Feinden einen so großen Scha-
den zu, dass zweifelhaft war, welcher Seite der Sieg hätte zugerechnet werden sollen,
wenn er nicht durch seine unbesonnene Kampfweise in Gefangenschaft geraten wäre“