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Bandini, Ditte [Hrsg.]; Hinüber, Oskar von [Hrsg.]; Dickoré, Wolf Bernhard [Hrsg.]
Die Felsbildstationen Shing Nala und Gichi Nala — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 4: Mainz, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.37089#0016
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XII

gleichbare Bedeutung als “Durchgangsstation” besessen. Dazu fehlen bisher größere Bauten oder den ausgebauten
Weg kontrollierende Anlagen. Es ist aber nicht auszuschließen, daß ein an diesem Platz anzunehmendes Heiligtum
oder Kloster für buddhistische Pilger ein Ziel darstellte.
Die nach dem Gichi Nala benannte Felsbildstation erstreckt sich am linken bzw. südlichen Ufer des Indus, auf eine
Länge von 3, 6 km. Die Felsbildansammlung besteht aus zwei Teilen und umfaßt 750 Gravuren mit 450 bildlichen
Darstellungen und 300 Inschriften. Ihr Zentrum wird von großen Felsgruppen gebildet, die sich zwischen der das
Industal begrenzenden Bergkette und dem Flußbett aus der Talebene östlich des Bachlaufs des Gichi Gah erheben.
Der an seiner breitesten Stelle 300 m tiefe Felsbildkomplex ist durch buddhistische Gravuren überwiegend heraus-
ragender Qualität bestimmt, deren Datierung wie in Shing Nala in die Zeit von 400-600 n. Chr. durch die Brähml-
Inschriften unterstützt wird. Darin enthaltene iranische Namen und eine sogdische Inschrift vermitteln der Station
einen gewissen “internationalen” Charakter. Diese Gravurenkonzentration ist mit einer am westlichen Mündungs-
bereich des Gichi Nala liegenden Siedlung annähernd gleicher Zeitstellung zu verbinden. Der westliche Teil der
ausgedehnten Felsbildansammlung, die durch die heutige Fahrstraße durchschnitten wird, bildet mit ihren den al-
ten Weg begleitenden Felszeichnungen den Charakter einer Wegestation. Ihr westlicher Abschluß wird durch die
unter der Ortsbezeichnung “Campsite” bekannte Felsbildgruppe markiert, die durch die bisher einzige Anbringung
einer hebräischen Inschrift bekannt geworden ist. Im Westabschnitt fanden sich die Mehrzahl der Brähmi-Inschrif-
ten und buddhistische Bilder in wenig sorgfältiger Ausführung sowie die meisten prähistorischen Gravuren.
Aufgrund der Abgelegenheit und der zumeist schwierigen Erreichbarkeit auch anderer Felsbildkonzentrationen,
die auf der Nordseite des Industals liegen und nicht durch befahrbare oder gut begehbare Brücken wie in Hodar,
Thalpan oder Ges erschlossen sind, ist auch Shing Nala der Forschung bis 1985 verborgen geblieben. Erst die in
diesem Jahr von R. Kauper unternommene Begehung des Nordufers, die zur Kartierung der Felsbildgruppen fluß-
abwärts bis Shatial führte, erbrachte den Hinweis auf diese bedeutenden buddhistischen Gravuren, so daß V. The-
walt anschließend von ihnen die ersten Aufnahmen herstellen konnte. 1987 wurde unter seiner Leitung mit A.
Chaudhary und O. von Hinüber eine zweite Begehung vorgenommen, der auch die ersten Lesungen der Brähmi-In-
schriften zu verdanken sind. In den folgenden Jahren ist die Station von Mitgliedern der Heidelberger Forschungs-
gruppe begangen, und es sind auch von der Altertümerverwaltung in Gilgit unter ihrem damaligen Direktor Nazir
Ahmad Khan Aufnahmen der wichtigsten Gravuren angefertigt worden. Zur Vorbereitung ihrer vollständigen Ver-
öffentlichung wurde aber erst 1996 unter der Leitung von H. Hauptmann mit der systematischen Dokumentation
der Felsbilder und Inschriften durch M. Bemmann, S. Hauptmann, M. Nasim Khan, S. Scherb und G. Wetzel be-
gonnen, zu der 1997 und 1998 durch H. Hauptmann, S. Hauptmann und M. Bemmann noch Ergänzungen notwen-
dig wurden. Einige der schwer erreichbaren oder durch Erosion abgeschliffenen Stüpa-Darstellungen sind von S.
Hauptmann kopiert worden.
Im Gegensatz zu Shing Nala waren die Felsbilder von Gichi für den Reisenden von der Karakorum-Straße immer
wahrzunehmen, so daß sie bereits 1942 von A. Stein zum ersten Mal erwähnt werden. Die ersten, von 1982 stam-
menden Aufnahmen der von ihm in vier Gruppen eingeteilten Felsbildansammlung Gichi-Route, Gichi, Campsite-
Route und Campsite gehen wieder auf V. Thewalt zurück. Nachdem die Brähmi-Texte 1983 und 1985 durch O.
von Hinüber gelesen worden waren, fand die Station auch infolge des Nachweises einer hebräischen Inschrift in
der Literatur Berücksichtigung. Für diese die beiden Stationen umfassende Publikation war die ebenfalls 1996 an-
gestrebte systematische Dokumentation in Gichi notwendig, die von derselben Arbeitsgruppe wie in Shing Nala
auf der Grundlage der topographischen Aufnahme unternommen worden und die 1997 von H. Hauptmann, S.
Hauptmann und M. Bemmann ergänzt und abgeschlossen wurde.
Für eine letzte Überprüfung der Gravuren und der Lesungen der Inschriften wurden beide Stationen von D. Ban-
dini-König und O. von Hinüber 1999 begangen. Die von R. Schmelzer 1997 und 1998 gemachten Feldforschungen
 
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