Metadaten

Bandini, Ditte [Hrsg.]; Hinüber, Oskar von [Hrsg.]; Dickoré, Wolf Bernhard [Hrsg.]
Die Felsbildstationen Shing Nala und Gichi Nala — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 4: Mainz, 2001

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37089#0069
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ZU DEN BRAHMl-INSCHRIFTEN VON SHING NALA
OSKAR VON HINÜBER
Mit einem Bestand von nur etwa 60 Inschriften, von denen etwa zwei Drittel oder ungefähr 40 Inschriften einen
lesbaren, wenn auch nicht immer verständlichen Text bieten, ist Shing Nala eine ausgesprochen kleine Station.
Bemerkenswert ist jedoch die vergleichsweise große räumliche, inhaltliche und zeitliche Geschlossenheit des Ma-
terials. Daher fällt es umso mehr auf, daß die Inschrift 29:2 mit einer Anrufung an den Buddha deutlich älter zu
sein scheint als die übrigen, die etwa zwischen 400 und 600 zu datieren sind.
Etwa die Hälfte aller lesbaren Texte sind Weihinschriften, die siebzehnmal die Formel devadharmo yam und sie-
benmal krtam enthalten, wobei nur je einmal krta- (19:1) oder krata- (55:1), gewöhnlich jedoch krita- geschrieben
ist. In einem Falle (43:2) sind beide Formeln ineinander geflossen.
Hinzu treten vier Inschriften mit Anrufungen an den Buddha: namo buddhäya und einmal an Ratnasikhin (61:8),
der auch in Gichi Nala genannt wird.206 Damit entspricht der epigraphische Befund dem buddhistischen Charakter
der Bildwerke. Hinweise auf andere Religionen sind nicht zu erkennen.
Auch weitere zusätzliche Merkmale weisen Inschriften als deutlich buddhistisch aus, aus denen zwei hervorgeho-
ben zu werden verdienen, nicht nur, weil sie einen etwas längeren Text als gewöhnlich bieten. In 36:2 scheint ein
Faie namens Visrimati(?) zu stiften, dessen einer Mitstifter den Titel upädhyäya “geistlicher Fehrer” trägt. Ein
weiterer wird als bhiksu “Mönch” bezeichnet und ein dritter von den insgesamt wohl fünf Stiftern als karunamitra
“mitleidsvoller Freund”(7). Das sonst offensichtlich nicht belegte karunamitra unterscheidet sich von dem geläufi-
gen kalyänamitra “heilvoller Freund” nur durch ein Zeichen. Daher ist auch zu eiwägen, ob ein Fehler für kalyäna-
mitra vorliegen könnte. Wenn karunamitra richtig ist, bleibt weiterhin unsicher, ob das Wort karunä, dessen Se-
mantik Maithrimurthi267 untersucht, hier eine buddhistische Bedeutung hat.
Ein zweiter anonymer upädhyäya ist in 56:1 genannt. Stark beschädigt ist unglücklicherweise die Inschrift 55:1,
in der samghika gewiß in den Bereich des Buddhismus gehört. Der zerstörte Kontext läßt genaueres nicht erraten.
Die enge Verbindung von Inschrift und Bild wird in drei Fällen dadurch unterstrichen, daß die Inschriften zu bei-
den Seiten eines Stüpas stehen. Daraus ergibt sich zugleich, daß sie erst nach Vollendung des Bildes angebracht
sind: 24:8, 40:1, 48:12. In einigen Fällen fehlt der Name eines Stifters (39:1; 44:4).
In sieben Inschriften stiften zwei oder mehr Personen gemeinsam. Zweimal hat Jayacandra einen Stüpa gestiftet
(1:1; 24:1). Der Hauptstifter in Shing Nala ist jedoch Ratnapriya, dessen Name viermal und stets in einer deya-
dharma-Formel erscheint (20:1; 59:2; 62:1; 65:2). Einen ähnlichen Namen trägt der Stifter Ratnamitra, der eine
andere Formel mit krta- bevorzugt (19:1). Möglicherweise ist derselbe Name Ratnafmitra] auch in 24:6 herzustel-
len, da in dieser Inschrift eben diese Formel verwendet ist. Die Nähe seiner ersten Inschrift zu einer Stiftung des
Ratnapriya (19:1 und 20:1) könnte die beiden als Verwandte zusammenfuhren.
Auch in anderen Fällen kann man Verwandte vermuten. Der Name des geistlichen Fehrers in 36:2 lautet + +
jghosa. Eine zweite Person mit einem ähnlichen Namen ist der Mönch (bhiksu) Kalyänaghosa, der zusammen mit
einem Faien Upendraghosa stiftet (40:1). Dabei spricht die Gleichheit des zweiten Namensteiles dafür, daß es sich
um Brüder handeln kann. Entsprechendes kann man für Prabhendra und Visuddhamitra vermuten, deren Namen
zu einem Dvandva im Dual verbunden sind, was möglicherweise sogar auf Zwillinge deutet. Daß Zwillinge nicht
notwendigerweise ähnliche Namen tragen, zeigen die beiden jüngsten Brüder der Pändava, Nakula und Sahadeva.

266 Vgl. unten S. 108.
267 Maithrimurthi 1999: 115 ff.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften