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Bandini, Ditte [Hrsg.]; Fussman, Gérard [Bearb.]
Die Felsbildstation Thalpan: 1. Kataloge Chilas-Brücke und Thalpan (Steine 1 - 30) — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 6: Mainz, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.36945#0013
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VORWORT

Innerhalb der großen Felsbildprovinz, die sich in der Hochgebirgsregion Nordpakistans am oberen Induslauf zwi-
schen Shatial in Indus-Kohistan bis zur Brücke von Raikot südlich von Gilgit in einer Ausdehnung von etwa 100
km erstreckt, nimmt Thalpan mit dem gegenüberliegenden Chilas die Rolle eines Zentralortes ein. Hier erweitert
sich das Tal im Mündungsbereich der südlichen Zuflüsse Thak Gah und Buto Gah sowie des vom Norden herab-
fließenden Kiner Gah auf eine Länge von etwa 5 km zum Becken von Chilas. Es liegt in einer Höhe von 1050 m
ü. M. und wird an dieser Stelle in ostwestlicher Richtung vom Indus durchflossen. Im Norden wird die Talland-
schaR von den zum Hindukusch gehörenden Gilgit-Ketten, im Süden von den Randgebirgen des Westhimalaya mit
dem 2.145 m hohen Harpen eingerahmt, im Nordwesten überragt vom sich 8.126 m auRürmenden Massiv des
Nanga Parbat. Sein ursprünglicher Name Diamar, "Himmlischer Berg", ist auf die ganze Region von Chilas, den
Diamar-Distrikt, übertragen worden. Die Entstehung von Chilas als Mittelpunkt der Region wurde durch die Lage
im Schnittpunkt verschiedener Handelsrouten begünstigt. Die entlang des Induslaufs führenden beiden Verkehrs-
wege besitzen an der Stelle der modernen Brücke zwischen Thalpan und Chilas einen der wichtigsten Flußüber-
gänge in diesem Gebiet. In Chilas münden die von Zentralasien und aus der Gilgit-Ebene kommenden Straßen in
den durch das Thak Gah führenden Hauptweg, der nach etwa 30 km den in 4268 m Höhe liegenden Babusar-Paß
erreicht. Dieser Weg Endet danach Anschluß an Routen, die nach Kaschmir und über Hazara in die Tiefebenen des
Indus reichen.
Die weit in die Vergangenheit zurückreichende Bedeutung von Chilas als Zentralort und von Thalpan als mögli-
cher kultischer Mittelpunkt der Region ist aber erst seit buddhistischer Zeit historisch nachvollziehbar. Die ein-
drucksvollsten Zeugnisse dafür stellen zahlreiche Felsbilder und InschriRen dar, die sich um beide Orte in großer
Vielfalt aus verschiedenen Epochen seit dem Epipaläolithikum konzentrieren und die beiden Hauptrouten am In-
dus begleiten. Auf die bedeutenden buddhistischen Darstellungen und InschriRen in der auch "Jayachand" genann-
ten Felsengruppe von Chilas-Brücke war 1942 Sir M. Aurel Stein aufmerksam geworden. Eine umfassende Doku-
mentation der reichen Felsbildkonzentration um Chilas-Thalpan hatte aber erst Karl Jettmar, der die Bedeutung
der Felsbildprovinz 1973 bei einer Fahrt durch das obere Industal erkannt hatte, anstoßen können, nachdem 1979
der Karakorum Highway eröffnet und damit diese nach 1974 verschlossene Region der Forschung wieder zugäng-
lich wurde. Das in Zusammenarbeit mit Ahmad Hasan Dani begründete pakistanisch-deutsche Projekt konnte be-
reits im folgenden Jahr mit der Feldarbeit beginnen. Zwischen 1981 und 1988 wurden unter Leitung der beiden
Gelehrten die Dokumentationsarbeiten unter der Mitwirkung von V. Thewalt und verschiedenen Mitarbeitern auch
in den zentralen Orten um Chilas und Thalpan aufgenommen. Für die abschließende Publikation dieser bedeutend-
sten Felsbildkonzentration am Oberen Indus wurde auf der Grundlage einer neuen topographischen Aufnahme der
Gesamtregion eine systematische Kartierung und vollständige Dokumentation aller Gravuren und Inschriften not-
wendig. Erst diese vollständige Erfassung aller Felsbildstationen im Talbecken von Chilas sollte den heterogenen
Charakter der einzelnen Fundplätze deutlich werden lassen. Die unterschiedlichen Felsbildkonzentrationen über-
wiegend buddhistischer Ikonographie setzen sich häuEg klar von den Gravurgruppen ab, in denen Darstellungen
mit Jagdszenen und lokal geprägten oder nachbuddhistischen Bildern vorherrschen. Dadurch wurde auch eine
Neugruppierung der einzelnen Stationen möglich, sodaß die in den Vorberichten übliche vorläuEge Zählung oder
alte Benennung der Felsgruppen wie Chilas 1-IX aufgegeben und soweit wie möglich durch Flurnamen ersetzt
wird. Mit dem Nachweis der verschiedenen antiken Wegefuhrungen und einzelner Architekturreste ist es möglich
geworden, in Umrissen ein Bild der Siedlungsgeschichte in der von Sanddünen, Schotterterrassen und Felsgruppen
bestimmten TallandschaR zu zeichnen.
 
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