VORWORT
Innerhalb der großen Felsbildprovinz, die sich in der Hochgebirgsregion Nordpakistans am oberen Induslauf
zwischen Shatial in Indus-Kohistan bis zur Brücke von Raikot südlich von Gilgit in einer Ausdehnung von über
100 km erstreckt, nimmt Chilas mit dem gegenüberliegenden Thalpan die Rolle eines Zentralortes ein. Hier
erweitert sich das Tal im Mündungsbereich der südlichen Zuflüsse Thak Gah und Buto Gah sowie des vom
Norden herabfließenden Kiner Gah auf eine Länge von etwa 5 km zum Becken von Chilas. Es liegt in einer Höhe
von 1050 m ü. M. und wird an dieser Stelle in ostwestlicher Richtung vom Indus durchflossen. Im Norden wird die
Tallandschaft von den zum Hindukusch gehörenden Gilgit-Ketten, im Süden von den Randgebirgen des Westhi-
malaya mit dem 2145 m hohen Harpen eingerahmt, im Nordwesten überragt vom sich 8126 m auftürmenden
Massiv des Nanga Parbat, des “nackten Berges”. Sein ursprünglicher dardischer Name Diamar, der “König der
Berge” oder auch “Himmlischer Berg” bedeutet, ist auf die ganze Region von Chilas, den Diamer-Distrikt, über-
tragen worden. Die Entstehung von Chilas als Mittelpunkt dieser Region wurde durch die Lage im Schnittpunkt
verschiedener Handelsrouten begünstigt. Die entlang des Induslaufs führenden beiden Verkehrswege besitzen an
der Stelle der modernen Brücke zwischen Thalpan und Chilas einen der wichtigsten Flußübergänge in diesem
Gebiet. In Chilas münden die von Zentralasien und aus der Gilgit-Ebene kommenden Straßen in den durch das
Thak Gah führenden Hauptweg, der nach etwa 30 km den in 4268 m Höhe liegenden Babusar-Paß erreicht. Dieser
Weg findet danach Anschluß an Routen, die nach Kaschmir und über Hazara in die Tiefebenen des Indus reichen.
Die weit in die Vergangenheit zurückreichende Bedeutung von Chilas als Zentralort und von Thalpan als mögli-
chem kultischen Mittelpunkt der Region ist aber erst seit buddhistischer Zeit historisch nachvollziehbar. Die
eindrucksvollsten Zeugnisse dafür stellen zahlreiche Felsbilder und Inschriften dar, die sich um beide Orte in
großer Vielfalt aus verschiedenen Epochen seit dem Epipaläolithikum konzentrieren und die beiden Hauptrouten
am Indus begleiten. Auf die bedeutenden buddhistischen Darstellungen und Inschriften in der auch ‘Jayachand’
genannten Felsengruppe von Chilas-Brücke waren schon 1905 Ghulam Mohammad und danach 1942 Sir M. Aurel
Stein aufmerksam geworden. Eine umfassende Dokumentation der reichen Felsbildkonzentration um Chilas
Thalpan hatte aber erst Karl Jettmar, der die Bedeutung der Felsbildprovinz 1973 bei seiner Fahrt durch das obere
Industal erkannt hatte, anstoßen können, nachdem Ende 1978 der Karakorum Highway eröffnet und damit diese
nach 1974 verschlossene Region der Forschung wieder zugänglich wurde. Das in Zusammenarbeit mit Ahmad
Hasan Dani begründete pakistanisch deutsche Projekt konnte 1980 mit der Feldarbeit beginnen. Zwischen 1981
und 1988 wurden unter Leitung der beiden Gelehrten die Dokumentationsarbeiten unter der Mitwirkung von V.
Thewalt und verschiedenen Mitarbeitern auch in den zentralen Felsbildstationen um Chilas und Thalpan aufge-
nommen. Im ersten Jahr dieser Begehungen hatte Jaroslav Poncar (Köln) auch eine umfangreiche photographische
Dokumentation erstellen können. Die östlich des Dorfes liegenden drei Gravurengruppen von Obo Uzu, Kino Das
und Pushtshop, die in diesem Band veröffentlicht werden, sind von Thewalt aber erst 1984 entdeckt worden. Für
die abschließende Publikation dieser bedeutendsten Felsbildkonzentration am Oberen Indus wurde auf der Grund-
lage einer neuen topographischen Aufnahme der Gesamtregion eine systematische Kartierung und vollständige
Dokumentation aller Gravuren und Inschriften notwendig. Erst diese vollständige Erfassung aller Felsbildstationen
im Talbecken von Chilas sollte den heterogenen Charakter der einzelnen Fundplätze deutlich werden lassen. Die
unterschiedlichen Felsbildkonzentrationen überwiegend buddhistischer Ikonographie setzen sich häufig klar von
den Gravurgruppen ab, in denen Darstellungen mit Jagdszenen und lokal geprägten oder nachbuddhistischen
Bildern vorherrschen. Mit dem Nachweis der verschiedenen antiken Wegeführungen und einzelner Architektur-
reste, wie eine größere terrassierte Anlage mit Rundbauten in Thalpan, ein wahrscheinlich mittelalterlicher
Innerhalb der großen Felsbildprovinz, die sich in der Hochgebirgsregion Nordpakistans am oberen Induslauf
zwischen Shatial in Indus-Kohistan bis zur Brücke von Raikot südlich von Gilgit in einer Ausdehnung von über
100 km erstreckt, nimmt Chilas mit dem gegenüberliegenden Thalpan die Rolle eines Zentralortes ein. Hier
erweitert sich das Tal im Mündungsbereich der südlichen Zuflüsse Thak Gah und Buto Gah sowie des vom
Norden herabfließenden Kiner Gah auf eine Länge von etwa 5 km zum Becken von Chilas. Es liegt in einer Höhe
von 1050 m ü. M. und wird an dieser Stelle in ostwestlicher Richtung vom Indus durchflossen. Im Norden wird die
Tallandschaft von den zum Hindukusch gehörenden Gilgit-Ketten, im Süden von den Randgebirgen des Westhi-
malaya mit dem 2145 m hohen Harpen eingerahmt, im Nordwesten überragt vom sich 8126 m auftürmenden
Massiv des Nanga Parbat, des “nackten Berges”. Sein ursprünglicher dardischer Name Diamar, der “König der
Berge” oder auch “Himmlischer Berg” bedeutet, ist auf die ganze Region von Chilas, den Diamer-Distrikt, über-
tragen worden. Die Entstehung von Chilas als Mittelpunkt dieser Region wurde durch die Lage im Schnittpunkt
verschiedener Handelsrouten begünstigt. Die entlang des Induslaufs führenden beiden Verkehrswege besitzen an
der Stelle der modernen Brücke zwischen Thalpan und Chilas einen der wichtigsten Flußübergänge in diesem
Gebiet. In Chilas münden die von Zentralasien und aus der Gilgit-Ebene kommenden Straßen in den durch das
Thak Gah führenden Hauptweg, der nach etwa 30 km den in 4268 m Höhe liegenden Babusar-Paß erreicht. Dieser
Weg findet danach Anschluß an Routen, die nach Kaschmir und über Hazara in die Tiefebenen des Indus reichen.
Die weit in die Vergangenheit zurückreichende Bedeutung von Chilas als Zentralort und von Thalpan als mögli-
chem kultischen Mittelpunkt der Region ist aber erst seit buddhistischer Zeit historisch nachvollziehbar. Die
eindrucksvollsten Zeugnisse dafür stellen zahlreiche Felsbilder und Inschriften dar, die sich um beide Orte in
großer Vielfalt aus verschiedenen Epochen seit dem Epipaläolithikum konzentrieren und die beiden Hauptrouten
am Indus begleiten. Auf die bedeutenden buddhistischen Darstellungen und Inschriften in der auch ‘Jayachand’
genannten Felsengruppe von Chilas-Brücke waren schon 1905 Ghulam Mohammad und danach 1942 Sir M. Aurel
Stein aufmerksam geworden. Eine umfassende Dokumentation der reichen Felsbildkonzentration um Chilas
Thalpan hatte aber erst Karl Jettmar, der die Bedeutung der Felsbildprovinz 1973 bei seiner Fahrt durch das obere
Industal erkannt hatte, anstoßen können, nachdem Ende 1978 der Karakorum Highway eröffnet und damit diese
nach 1974 verschlossene Region der Forschung wieder zugänglich wurde. Das in Zusammenarbeit mit Ahmad
Hasan Dani begründete pakistanisch deutsche Projekt konnte 1980 mit der Feldarbeit beginnen. Zwischen 1981
und 1988 wurden unter Leitung der beiden Gelehrten die Dokumentationsarbeiten unter der Mitwirkung von V.
Thewalt und verschiedenen Mitarbeitern auch in den zentralen Felsbildstationen um Chilas und Thalpan aufge-
nommen. Im ersten Jahr dieser Begehungen hatte Jaroslav Poncar (Köln) auch eine umfangreiche photographische
Dokumentation erstellen können. Die östlich des Dorfes liegenden drei Gravurengruppen von Obo Uzu, Kino Das
und Pushtshop, die in diesem Band veröffentlicht werden, sind von Thewalt aber erst 1984 entdeckt worden. Für
die abschließende Publikation dieser bedeutendsten Felsbildkonzentration am Oberen Indus wurde auf der Grund-
lage einer neuen topographischen Aufnahme der Gesamtregion eine systematische Kartierung und vollständige
Dokumentation aller Gravuren und Inschriften notwendig. Erst diese vollständige Erfassung aller Felsbildstationen
im Talbecken von Chilas sollte den heterogenen Charakter der einzelnen Fundplätze deutlich werden lassen. Die
unterschiedlichen Felsbildkonzentrationen überwiegend buddhistischer Ikonographie setzen sich häufig klar von
den Gravurgruppen ab, in denen Darstellungen mit Jagdszenen und lokal geprägten oder nachbuddhistischen
Bildern vorherrschen. Mit dem Nachweis der verschiedenen antiken Wegeführungen und einzelner Architektur-
reste, wie eine größere terrassierte Anlage mit Rundbauten in Thalpan, ein wahrscheinlich mittelalterlicher