156 Morgenröthe
Ganz außer Acht bleibt sowohl bei Lüdemann wie bei N. die Aussage von Röm.
13, 10: „so ist nun [d. h. seit Christus] die Liebe des Gesetzes Erfüllung"
(πλήρωμα ούν νόμου ή άγάπη).
69
68, 14 Unnachahmlich.] N.s Neigung zu Generalisierungen und Stereotypi-
sierungen drückt sich immer wieder im ,Kollektivsingular' aus; so sagt er hier
„der" Grieche und „der" Christ.
70
68, 19 Wozu ein grober Intellect nütze ist.] Dass das Christentum
schon vorhandene Kulte und Gebräuche in sich aufgenommen hat, war be-
kannt. Vor allem das Wissen von den Wurzeln der christlichen Religion im
Judentum und in der griechisch-hellenistischen Kultur gehörte zum Gemein-
gut. Dass N. das „Universal-Heidnische" der Kirche in den „Gebräuchen"
betont, entspricht seiner schon vorher in der Morgenröthe immer wieder formu-
lierten und ihm aus der zeitgenössischen Literatur bekannten Herleitung der
Religion und der ,Moral' aus „Sitten", aus dem „Herkommen", „Gewohnheiten
und Gebräuchen". Die „Kraft, das Verschiedenste in einander wachsen zu las-
sen" ist eine nicht spezifisch christliche, sondern für das Römische Reich und
seine weitgehend hellenistische, universalistisch geprägte Kultur insgesamt
charakteristisches Phänomen. Indem N. die „erstaunliche Grobheit und Genüg-
samkeit" des „Intellectes in der Zeit der Kirchenbildung" feststellt, um primiti-
ve Züge schon des frühen Christentums zu markieren, bringt er nicht zur Spra-
che, dass die spätantike Kultur insgesamt, in deren Zeit die „Kirchenbildung",
d. h. die allmähliche Institutionalisierung des Christentums stattfand, eine Zeit
des Niedergangs im Vergleich mit der intellektuellen Höhe der griechischen
Kultur war - insbesondere im Vergleich mit der griechischen Philosophie und
Dichtung.
In N.s Nachlass vom Sommer 1880 befinden sich ausführliche, z. T. exzerpt-
artige Notate zur Auseinandersetzung des Paulus mit dem „Gesetz" (4[129],
KSA 9, 154-156) sowie zur psychologischen Analyse seiner „persönlichen" Mo-
tive (4[254], 162; 4[258], 163; 4[261], 165).
71
69, 8 Die christliche Rache an Rom.] N. übergeht hier die politischen,
militärischen und wirtschaftlichen Ursachen für den Niedergang Roms, um
Ganz außer Acht bleibt sowohl bei Lüdemann wie bei N. die Aussage von Röm.
13, 10: „so ist nun [d. h. seit Christus] die Liebe des Gesetzes Erfüllung"
(πλήρωμα ούν νόμου ή άγάπη).
69
68, 14 Unnachahmlich.] N.s Neigung zu Generalisierungen und Stereotypi-
sierungen drückt sich immer wieder im ,Kollektivsingular' aus; so sagt er hier
„der" Grieche und „der" Christ.
70
68, 19 Wozu ein grober Intellect nütze ist.] Dass das Christentum
schon vorhandene Kulte und Gebräuche in sich aufgenommen hat, war be-
kannt. Vor allem das Wissen von den Wurzeln der christlichen Religion im
Judentum und in der griechisch-hellenistischen Kultur gehörte zum Gemein-
gut. Dass N. das „Universal-Heidnische" der Kirche in den „Gebräuchen"
betont, entspricht seiner schon vorher in der Morgenröthe immer wieder formu-
lierten und ihm aus der zeitgenössischen Literatur bekannten Herleitung der
Religion und der ,Moral' aus „Sitten", aus dem „Herkommen", „Gewohnheiten
und Gebräuchen". Die „Kraft, das Verschiedenste in einander wachsen zu las-
sen" ist eine nicht spezifisch christliche, sondern für das Römische Reich und
seine weitgehend hellenistische, universalistisch geprägte Kultur insgesamt
charakteristisches Phänomen. Indem N. die „erstaunliche Grobheit und Genüg-
samkeit" des „Intellectes in der Zeit der Kirchenbildung" feststellt, um primiti-
ve Züge schon des frühen Christentums zu markieren, bringt er nicht zur Spra-
che, dass die spätantike Kultur insgesamt, in deren Zeit die „Kirchenbildung",
d. h. die allmähliche Institutionalisierung des Christentums stattfand, eine Zeit
des Niedergangs im Vergleich mit der intellektuellen Höhe der griechischen
Kultur war - insbesondere im Vergleich mit der griechischen Philosophie und
Dichtung.
In N.s Nachlass vom Sommer 1880 befinden sich ausführliche, z. T. exzerpt-
artige Notate zur Auseinandersetzung des Paulus mit dem „Gesetz" (4[129],
KSA 9, 154-156) sowie zur psychologischen Analyse seiner „persönlichen" Mo-
tive (4[254], 162; 4[258], 163; 4[261], 165).
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69, 8 Die christliche Rache an Rom.] N. übergeht hier die politischen,
militärischen und wirtschaftlichen Ursachen für den Niedergang Roms, um