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Schmidt, Jochen; Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,1): Kommentar zu Nietzsches "Morgenröthe" — Berlin, Boston: de Gruyter, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.70911#0311
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296 Morgenröthe

Römerbrief (15, 4), „daß wir durch Geduld Hoffnung haben" und dass Gott ein
„Gott der Geduld und des Trostes" ist (15, 5); im Galaterbrief (5, 22): „die Frucht
des Geistes ist Friede, Geduld"; im 2. Thessalonicherbrief (3, 5): „Der Herr aber
richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu der Geduld Christi". Die Apostro-
phe „ihr Erdenbewohner mit euren Begriffelchen von ein paar Tausend Zeitmi-
nütchen" (190, 20 f.) erinnert an Psalm 90, 4: „denn tausend Jahre sind vor dir
wie ein Tag".
212
190, 27 Worin man sich kennt.] Die Analogisierung menschlicher Disposi-
tionen mit tierischen Verhaltensweisen ist ein im Naturalismus weit verbreite-
tes Verfahren. N. hatte entsprechende Literatur in seiner persönlichen Biblio-
thek (vgl. den Überblickskommentar S. 16). Zu N.s Adaptation vgl. Μ 26: „Die
Thiere und die Moral".

213
191, 2 Die Menschen des verfehlten Lebens.] N.s Hochschätzung des
„Einzelnen", des „Individuums", das mit seinem „Ich" eine ausgeprägte Son-
derstellung in der Gesellschaft und gegenüber ihrer ,Moral' einnimmt, ist in
der Morgenröthe ein Hauptthema (NK zu M 107 und M 108 und insbesondere
Μ 9). Im vorliegenden Text reflektiert N. die aus dieser Position sich ergebende
Gefahr der Lebensverfehlung, aber auch die gesellschaftlichen Auswirkungen.
214
191, 28 Was Nachsicht!] Wie schon im vorangehenden Text reflektiert N.
hier Gefahren mentaler Deformation, nunmehr unter dem Aspekt des Leidens,
das ihn selbst, den schwer Leidenden, immer wieder auch zu dem „Falsch-
und Schief-Sehen" (191, 26 f.) zu verleiten drohte, das er in der Rede-Fik-
tion auf andere projiziert und metaphorisiert, indem er es nicht im optischen,
sondern im moralischen Sinn versteht.
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191, 29 Moral der Opferthiere.] Den in diesem Text und M 18 thematisier-
ten Zusammenhang von „Opfer" (Selbstaufopferung) und „Macht" hatte N.
 
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