Stellenkommentar Viertes Buch, KSA 3, S. 248-251 357
zur Selbstdistanzierung durch „Spott" ist gerade kein Zeichen von „naiver"
Haltung.
387
249, 17 Probe einer Überlegung vor der Ehe.] Wieder spielt N. eine
Paradoxie durch, denn es ist paradox, dass sowohl die Vorstellung, geliebt zu
werden, wie die Vorstellung, nicht geliebt zu werden, gleichermaßen und „auf
Dauer" als „lästig" erscheint. Erst recht paradox wirkt die Schlussfolgerung
„heirathen wir also", da ja die Ehe „auf Dauer" angelegt ist. Aus dieser Parado-
xie soll sich der Leser den Reim auf die Ehe machen.
388
249, 23 Die Schurkerei mit gutem Gewissen.] Die Relativierung des
„Gewissens" ist das von N.s Freund Paul Ree für sein Hauptwerk Die Entste-
hung des Gewissens gewählte Thema (vgl. den Überblickskommentar S. 11-13).
Es dient auch N. zur Problematisierung der moralischen Wertungen „gut" und
„böse".
389-394
Diese Sequenz von Aphorismen entspricht der von spezifisch gesellschaftli-
chen Verhaltensweisen ausgehenden französischen Moralistik: daher Themen
wie Höflichkeit (Μ 389, Μ 392), Artigkeit (Μ 390), Beschämung verursachende
Tugend (Μ 393) und das Verhältnis der Eitelkeit zur ,Passion' leidenschaftlicher
Menschen, das auch Stendhal reflektiert (Μ 394). Wie schon in M 385 und in
anderen Texten analysiert N. in M 391 den Selbstbetrug, der zu einem sekundä-
ren Gefühl der Rechtschaffenheit führt, obwohl er primär von einer Lüge aus-
geht. Das „sacrificium intellectus" und der daraus resultierende „Wahn" und
Selbstbetrug ist für N. seit dem Frühwerk ein beunruhigendes Reizthema.
395
251, 15 Die Contemplation.] Hier psychologisiert N. ein schon in früheren
Texten der Morgenröthe traktiertes Thema (Μ 41: „Zur Werthbestimmung
der vita contemplativa"; M 42: „Herkunft der vita contemplati-
va"). Doch setzt er das kontemplative Leben nun nicht mehr wie in diesen
zur Selbstdistanzierung durch „Spott" ist gerade kein Zeichen von „naiver"
Haltung.
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249, 17 Probe einer Überlegung vor der Ehe.] Wieder spielt N. eine
Paradoxie durch, denn es ist paradox, dass sowohl die Vorstellung, geliebt zu
werden, wie die Vorstellung, nicht geliebt zu werden, gleichermaßen und „auf
Dauer" als „lästig" erscheint. Erst recht paradox wirkt die Schlussfolgerung
„heirathen wir also", da ja die Ehe „auf Dauer" angelegt ist. Aus dieser Parado-
xie soll sich der Leser den Reim auf die Ehe machen.
388
249, 23 Die Schurkerei mit gutem Gewissen.] Die Relativierung des
„Gewissens" ist das von N.s Freund Paul Ree für sein Hauptwerk Die Entste-
hung des Gewissens gewählte Thema (vgl. den Überblickskommentar S. 11-13).
Es dient auch N. zur Problematisierung der moralischen Wertungen „gut" und
„böse".
389-394
Diese Sequenz von Aphorismen entspricht der von spezifisch gesellschaftli-
chen Verhaltensweisen ausgehenden französischen Moralistik: daher Themen
wie Höflichkeit (Μ 389, Μ 392), Artigkeit (Μ 390), Beschämung verursachende
Tugend (Μ 393) und das Verhältnis der Eitelkeit zur ,Passion' leidenschaftlicher
Menschen, das auch Stendhal reflektiert (Μ 394). Wie schon in M 385 und in
anderen Texten analysiert N. in M 391 den Selbstbetrug, der zu einem sekundä-
ren Gefühl der Rechtschaffenheit führt, obwohl er primär von einer Lüge aus-
geht. Das „sacrificium intellectus" und der daraus resultierende „Wahn" und
Selbstbetrug ist für N. seit dem Frühwerk ein beunruhigendes Reizthema.
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251, 15 Die Contemplation.] Hier psychologisiert N. ein schon in früheren
Texten der Morgenröthe traktiertes Thema (Μ 41: „Zur Werthbestimmung
der vita contemplativa"; M 42: „Herkunft der vita contemplati-
va"). Doch setzt er das kontemplative Leben nun nicht mehr wie in diesen